Die sogenannte Salamanderpest ist eine Hautkrankheit, welche zuerst bei befallenen Feuersalamandern in den Niederlanden beschrieben wurde. Im Jahr 2013 wurde dort der Erreger isoliert und taxonomisch neu beschrieben: Batrachochytrium salamandrivorans, der „Salamanderfresser“. Abgekürzt wird er üblicherweise mit Bsal. Dieser Chytridpilz ernährt sich vom Keratin in der Wirtshaut, kann das Immunsystem der Tiere herunterfahren und letztlich „frisst“ er richtige Löcher in die empfindliche Amphibienhaut. Meistens sterben die Feuersalamander dann an sekundären bakteriellen Infektionen und in wenigen Tagen. So gefährlich ist dieser Parasit aber für manche Wirte nur in seinem invasiven Areal – ähnliches kennt man von der Krebspest. Es wurde kurz nach seiner Beschreibung in den Niederlanden nämlich auch sein Ursprungsort herausgefunden: Wie viele andere in Europa und anderen Gebieten invasive Arten stammt Bsal aus Asien. Dort haben sich Parasit und Wirt evolutiv aneinander angepasst, und die Wirte überleben eine Infektion. So kam der Pilz vermutlich auch nach Europa: über importierte Amphibien aus Asien, die freigelassen wurden. Hochverdächtig sind Feuerbauchmolche der Gattung Cynops, welche es vor Jahrzehnten in jedem Baumarkt als Gartenteichbesatz zu kaufen gab.
Seit 2014, direkt nach seiner Erstbeschreibung, beprobten wir an der Biogeographie in Trier Salamander und Molche in der Eifel in Rheinland-Pfalz und arbeiteten mit den Biologischen Stationen Düren und Städteregion Aachen zusammen, welche bei sich in der Eifel in Nordrhein-Westfalen Populationen beprobten. Es wurde nämlich damals schon bekannt, dass nicht nur in den Südniederlanden die Feuersalamanderbestände durch Bsal ausstarben oder zumindest stark zurückgingen, sondern auch in Belgien. Daher war ein Auftreten im grenznahen Deutschland wahrscheinlich. Forschungsgelder mussten damals trotzdem peu à peu eingeworben werden, zuerst wurde von unseren Behörden nämlich keinerlei Gefahr gesehen. 2015 wurde der Pilz dann erstmals in Deutschland nachgewiesen, erst in einer Terrarienhaltung (die TU Braunschweig beprobte im Ruhrgebiet und in Terrarienhaltungen) und dann auch im Freiland an Feuersalamandern aus der Eifel in Nordrhein-Westfalen. In den Folgejahren kamen immer mehr befallene Populationen hinzu, teils verbunden mit beobachteten Massensterben, vor allem im Ruhrgebiet und in der Eifel, aber auch in Rheinland-Pfalz. Über in Formalin fixierte tote Feuersalamander aus Nordrhein-Westfalen (Roetgen, direkt an der belgischen Grenze) konnte retrospektiv sogar ein Befall aus dem Jahr 2004 nachgewiesen werden, neun Jahre vor der Erstbeschreibung. Damit wurde Deutschland zum derzeit ersten Land, in welches der Pilz aus Asien eingeschleppt wurde.
Von 2018 bis 2020 lief dann an der Uni Trier (in Zusammenarbeit mit den Biologischen Stationen Düren und Städteregion Aachen sowie der TU Braunschweig) ein F+E-Projekt des Bundesamtes für Naturschutz zu Bsal. Hier wurden umfangreiche Daten zur rezenten Verbreitung in Deutschland erhoben, auf welchen auch neuere Daten hauptsächlich aufbauen. Deutschland wird inzwischen auch als „Bsal-Hotspot“ von Europa bezeichnet; auf diese Spitzenposition sollte man aber nicht stolz sein, da sie daher rührt, dass hier die meisten befallenen Amphibienbestände gefunden wurden und der erste bekannte Ausbruchsort in der Eifel lag (2004). Die bisher bekannten Ausbruchsorte in Deutschland umfassen weite Teile des Ruhrgebiets und der Eifel in Nordrhein-Westfalen, ebenso Eifel und Teile des Bitburger Gutlandes in Rheinland-Pfalz, einzelne Stellen in Bayern und inzwischen vermutlich auch Hessen.
Bedroht durch die Salamanderpest sind der namensgebende Feuersalamander, aber auch der Kammmolch. Feuersalamander sterben zumeist innerhalb weniger Tage nach der Infektion. Für Kammmolche ist eine Infektion nach derzeitigem Kenntnisstand (Experimente, Terrarien- und Freilandbeobachtungen) mit einem ähnlich dramatischen Krankheitsverlauf verbunden. Die anderen drei heimischen Molcharten gelten als tolerant, das heißt, in manchen Fällen kommt es auch bei ihnen zu Massensterben (zum Beispiel in Bayern), zumeist überleben sie eine Infektion, verbreiten dann aber wie erwähnt die Krankheit und dienen als Reservoirs. Zudem kann Bsal auf einigen Froschlurchen überleben, welche dann ebenfalls als Vektoren und Reservoirs fungieren.
Die dem Saarland nächstgelegenen, bekannten Erkrankungsorte befinden sich in der Eifel und dem Bitburger Gutland. In anderen europäischen Ländern, aber auch in anderen Bundesländern, fanden jedoch bisher nur stichprobenartig Beprobungen statt oder bisher gar keine – wie auch im Saarland. Das aktuelle Verbreitungsbild von Bsal kann daher auch trügen. Massensterben wurden bisher weniger dokumentiert, was einfach daran liegen wird, dass die Tiere oftmals in der Winterruhe sterben und gar nicht gefunden werden. Und wer findet einen zum Grund gesunkenen toten Kammmolch in einem verkrauteten Gewässer? Von der Regionalgruppe Saarpfalz der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) wurde daher ein Förderantrag beim Umweltministerium des Saarlandes gestellt, um zumindest stichprobenhaft saarländische Feuersalamander- und Kammmolchpopulationen mittels Hautabstrichen zu beproben und an der Uni Trier auf Bsal hin testen zu lassen. Bisher wurde nur ein einziger Totfund aus dem Bliesgau im Jahr 2020 im Labor der Uni Trier – zum Glück negativ – untersucht, den ich von J. Weyer erhalten hatte. Weitere Proben aus dem Saarland sind bisher nicht analysiert worden, was die Wichtigkeit einer Umsetzung des geplanten DGHT-Projektes unterstreicht.
Bei einer Einschleppung, zum Beispiel in einen alten Steinbruch mit Kammmolchbestand, würde die Population vermutlich schnell aussterben. Doch auch eine nur punktuelle Einschleppung der Salamanderpest in Feuersalamanderbestände würde wohl umgekehrt aufgrund des noch recht häufigen Vorkommens des Feuersalamanders in Laub- und Mischwaldgebieten und damit hoher Konnektivität zu einer raschen Ausbreitung führen. Auch über andere, tolerante Amphibien wie Bergmolche, die eine Infektion oftmals überleben, aber dadurch als Vektoren dienen, könnte die Ausbreitung erfolgen.
Die traurige Antwort ist erst einmal: wenig. Man kann befallene Tiere oftmals mittels „Wärmebehandlung“ im Terrarium „cleanen“, ebenso mit antifungiziden Mitteln. Jedoch hat sich der Pilz inzwischen in seinem Invasionsgebiet bereits genetisch differenziert und hat unterschiedliche Wachstumstoleranzen, vor allem gegenüber der Temperatur, entwickelt, so dass ersteres nicht immer funktioniert. Zudem vertragen gerade Feuersalamander hohe Temperaturen von 20-25°C nicht gut, so dass inzwischen die Behandlung mit Itraconazol und eine artgerechte Haltung bei 15°C und 80% Luftfeuchte empfohlen werden können. Das Hauptproblem liegt aber darin, dass eine individuelle Hilfe etwas für das Terrarium ist, welches man ebenfalls desinfizieren kann, und nicht für das Freiland. Bsal hält sich nämlich in einem Gebiet, das heißt, selbst wenn man theoretisch befallene Tiere einsammelt und ihnen hilft, könnten sie auf unabsehbare Zeit nicht zurück in ihren Lebensraum. Die Verbreitung von Bsal erfolgt nämlich von Tier zu Tier, vor allem über resistente oder tolerante Amphibienarten, welche zwar befallen werden, aber nicht an dem Pilz sterben. Soweit wir wissen, sind dies bei uns Berg-, Faden- und Teichmolch sowie manche Froschlurche, die sich ebenfalls infizieren können, zum Beispiel Geburtshelferkröte und Grasfrosch. Die eigentliche Verbreitung erfolgt über das Wasser, der Pilzkörper in der Haut eines infizierten Tieres gibt bewegliche Zoosporen frei, welche aktiv durch das Wasser schwimmen. Hier können sie zwar von bestimmten Zooplankton-Arten gefressen werden, jedoch finden viele neue Wirte. Das „Gemeine“ an dem Pilz ist zudem, dass auch Dauerstadien von Zoosporen (Zysten) gebildet werden können, die sich in Wasser und Boden halten können und selbst Trockenheit überstehen. Das ist ein Unterschied zum verwandten Bd-Chytridpilz, dessen Dauerstadien durch vollständiges Durchtrocknen, zum Beispiel an Gummistiefeln, abgetötet werden. Bei Bsal muss desinfiziert werden.
Damit kommen wir zum eigentlich einzigen, was wir tun können: Gummistiefel, Wanderschuhe, evtl. eingesetzte Kescher, Wasserfallen etc. desinfizieren, wenn wir zwischen Amphibienpopulationen den Standort wechseln. Zusammen mit dem LANUV in Nordrhein-Westfalen haben wir bereits 2016 ein Hygieneprotokoll entwickelt, welches fortgeschrieben wurde und den neuesten Stand der Wissenschaft beinhaltet. Kurz zusammengefasst: Beim Hantieren mit Amphibien sollte man Nitrilhandschuhe tragen, das Nitril tötet sogar Zoosporen von Bd und Bsal nachweislich ab und ist für Amphibien gut verträglich. Latexhandschuhe sind dagegen gefährlich für die Amphibienhaut. Schuhe und Gerätschaften sollten entweder mit 70%-Ethanol – es muss genau diese Verdünnung sein, damit die Zellwände aufgeschlossen werden können, also auch kein pures Ethanol – besprüht und desinfiziert werden oder aber in eine Mischung aus Leitungswasser und einem Desinfektionsmittel aus der Landwirtschaft (Virkon S) für mindestens fünf Minuten lang bei 5 g/L oder mindestens zwei Minuten bei 10 g Virkon S pro Liter Wasser getaucht werden. Dies sollte alles zuhause geschehen, die Schuhe und Gerätschaften müssen danach mit Leitungswasser abgespült und vollständig durchtrocknen gelassen werden. So verhindert man auch eine Übertragung von anderen Amphibienkrankheiten (zum Beispiel Ranavirus). Daher sollten bei Freilanderfassungen (zum Beispiel beim FFH-Monitoring) solche Hygienemaßnahmen von den Naturschutzbehörden vorgeschrieben werden.
Das allermindeste für jeden von uns ist eine Desinfektion seines Schuhwerkes, wenn man zuvor in der Eifel, dem Ruhrgebiet oder anderen bekannten Ausbruchsorten der Krankheit kartieren oder einfach nur wandern oder spazieren war!
Ein weiterer Punkt sind Erhaltungszuchten, das heißt eine genügend große Zahl einer befallenen Population wird in Gefangenschaft behandelt und solange gehalten und vermehrt, bis im ursprünglichen Habitat die Krankheit verschwunden ist oder es eine Behandlungsmöglichkeit für das Freiland gibt. Man könnte auch ein unbesiedeltes Habitat artgerecht herrichten und versuchen, dort einen neuen Wildbestand zu etablieren. Der Feuersalamander wurde wegen Bsal auch in eine Liste von Amphibien aufgenommen, für welche es einen Zusammenschluss von Privathaltungen und Zoos gibt (https://citizen-conservation.org/en/cc-species/). Eine direkte Umsiedlung in noch krankheitsfreie Gebiete mit einer kurzen Quarantäne wäre eine weitere Überlegung. Umsiedlungen und Erhaltungszuchten haben sowohl Vor- als auch Nachteile, letztlich müsste jetzt über ein Handlungskonzept entschieden werden, wenn Bsal sich ins Saarland ausbreitet – was früher oder später passieren wird – ganz besonders für die isolierten Kammmolchpopulationen.
Ein Bsal-infizierter Feuersalamander, welcher im April 2020 am Watzbach gefunden und ins Labor der Biogeographie Trier verbracht wurde. Deutlich sind die „Löcher“ zu erkennen, welche der Pilz in die empfindliche Haut „gefressen“ hat. Das Tier wurde in einer Klimakammer bei 20-25°C über zwei Wochen gehältert und dadurch erfolgreich vom Parasiten befreit.
Inzwischen scheinen sich jedoch bereits Bsal-Stämme im invasiven Areal entwickelt zu haben, die temperaturtoleranter sind. Zudem vertragen viele Individuen eine solch hohe Temperatur schlecht. Daher ist eine zusätzliche oder alleinige Behandlung mit entsprechenden fungiziden Mitteln aus der Veterinärmedizin anzuraten.
Foto: Stephan Feldmeier
Wie bei vielen Arten, gerade den „gewöhnlichen“, gibt es keine gute Datenlage zur Verbreitung oder sogar (groben) Entwicklung von Beständen. Daher sind Meldungen wichtig.
In Rheinland-Pfalz erfolgte ein Meldeaufruf für Feuersalamander, welcher über die Stiftung Natur und Umwelt koordiniert wird.
Internet: https://snu.rlp.de/projekte/feuersalamander
Im Saarland meldet man Feuersalamander-Funde am besten beim Faunistisch-Floristischen Informationsportal des Saarlandes und der Saar-Mosel-Region (FFIpS).
Internet: https://kartierung2020.delattinia.de/salamandra-salamandra-feuersalamander
Bitte immer Fotos von den Tieren machen, vor allem, wenn es sich um Totfunde handelt (außer, wenn es eindeutig ist, dass die Tiere überfahren wurden).
Bitte immer Schuhe desinfizieren, wenn Sie sich in einem Bsal-Verbreitungsgebiet aufgehalten haben, damit die einheimischen Amphibien geschützt werden.
Der folgende Artikel (Böning et al. 2024) bietet eine aktuelle Übersicht zur Salamanderpest in Deutschland.
https://shop.laurenti.de/media/Abstracts%20ab%202020/ZfF%202024-01%20-%20Boening%20et%20al.pdf
In folgender Publikation (EFSA Panel on AHAW et al. 2018) ist auf S. 26 eine gute Illustration über die Verbreitungswege von Bsal gedruckt.
https://efsa.onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.2903/j.efsa.2018.5259
Das Hygieneprotokoll von Geiger et al. (2021) ist ebenfalls frei online zugänglich:
https://www.lanuv.nrw.de/fileadmin/lanuv/natur/hygieneprotokoll/Hygieneprotokoll.pdf
Zur Wirksamkeit der vorgeschlagenen Desinfektionsmittel und dem Tragen von Nitrilhandschuhen folgende beide Artikel:
Van Rooij et al. 2017: https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0186269
Thomas et al. 2020: https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0241048
In diesem Artikel wird beschrieben, wie eine erfolgreiche Behandlung mit dem Antimykotikum Itraconazol vonstattengeht, bei der die Salamander bei für sie angenehmen 15°C und 80% Luftfeuchte gehältert werden können: Plewina et al. 2023
https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC9881767/
Eine Anleitung und die Ergebnisse eines fünfjährigen Larvenmonitoring des Feuersalamanders in der Eifel (die beste Methode, um Bestandsentwicklungen zu dokumentieren) findet sich hier: Wagner et al. 2020
https://www.salamandra-journal.com/index.php/contents/2020-vol-56/1986-wagner-n-s-loetters-l-dalbeck-h-duessel-m-guschal-k-kirst-d-ohlhoff-j-wegge-t-reinhardt-m-veith/file