Novellierung des Saarländischen Jagdgesetzes

Anhörung der Verbände am 10.10.2013 im Landtag des Saarlandes (CDU-/SPD- Fraktion)

Gemeinsame Stellungnahme der anerkannten Verbände BUND und NABU im Saarland

 

Seit dem Weltgipfel in Rio de Janeiro (1992) hat der Begriff der „nachhaltigen Nutzung" weltweite Bedeutung erlangt. Nach Artikel 2 des dort verabschiedeten Übereinkommens über die biologische Vielfalt (Biodiversitätskonvention – CBD) bedeutet eine nachhaltige Nutzung „die Nutzung von Bestandteilen der biologischen Vielfalt in einer Weise und in einem Ausmaß, die nicht zum langfristigen Rückgang der biologischen Vielfalt führt, wodurch ihr Potenzial erhalten bleibt, die Bedürfnisse und Ansprüche heutiger und künftiger Generationen zu erfüllen". Übertragen auf die Nachhaltigkeit einer jagdlichen Nutzung setzt die Biodiversitätskonvention damit eindeutige Rahmenbedingungen. Die 2003 beschlossenen ‚Addis-Abeba-Prinzipien' und Richtlinien für die nachhaltige Nutzung der Biodiversität (AAPG) bilden daher eine wesentliche Grundlage unserer Positionen zur Jagd.

 Die Jagd in ihrer heutigen Form wird sowohl vom Naturschutz als auch vom Tierschutz und von weiteren Teilen der Bevölkerung sehr kritisch gesehen. Ein wichtiger Grund dafür ist das Reformdefizit des Jagdrechts. In das seit Jahrzenten im Wesentlichen unverändert fortgeltende Landesjagdgesetz sind wichtige Erkenntnisse der Wildtierökologie sowie des Natur-, Arten- und Tierschutzes ebenso wenig eingeflossen wie die veränderten gesellschaftlichen Anforderungen an die Jagdausübung.

Neue Impulse erhielt die Reformdiskussion beginnend beim Bundesjagdgesetz im Juni 2012 durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, wonach die deutschen Jagdrechtsbestimmungen in Bezug auf die Zwangsmitgliedschaft von Grundeigentümern in Jagdgenossenschaften den in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerten Schutz des Eigentums verletzen.

Durch die Föderalismusreform 2006 hat sich zudem eine neue Verfassungslage hinsichtlich der Gesetzgebungskompetenz der Länder ergeben, die nun in einigen Bundesländern allmählich erste erkennbare Initiativen zu einer grundlegenden Reformierung der Jagdgesetzgebung zeitigt.

Die Länder tragen aufgrund ihrer gestiegenen Gestaltungsmöglichkeiten eine besondere Verantwortung für eine zeitgemäße Ausgestaltung der Jagd. Die Jagdgesetze sind nach ökologischen und ethischen Kriterien zu novellieren. Entgegen der Aussage der VJS im Saarjäger „Sommer 2012" ist das Saarländische Jagdgesetz weder modern, noch gesellschaftlichen Veränderungen und wildbiologischen Erkenntnissen angepasst. Es genügt auch definitiv nicht, wie der Vertreter der SPD, Dr. Magnus Jung, in der Anhörung erläuterte, „aktuelle und kleinere Veränderungen" vorzunehmen.

Ziel des Saarländischen Jagdgesetzes ist die Verwirklichung einer Jagd, die artenreiche Wildbestände im Sinne tierschutzrechtlicher Regelungen aus vernünftigem Grund nachhaltig nutzt und die natürlichen Wildlebensräume in ihrer Biodiversität erhält und verbessert.

Grundsätzliche Ansprüche an die Jagd

BUND und NABU bekennen sich ausdrücklich zu einer naturverträglichen Jagd als eine Form der Landnutzung, wenn sie den Kriterien der Nachhaltigkeit entspricht und ethischen Normen nicht widerspricht. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn

  • die erlegten Tiere sinnvoll genutzt, in der Regel verzehrt werden,
  • die bejagte Art bzw. Population in ihrem Bestand nicht gefährdet oder potentiell gefährdet ist,
  • jagdliche Störungen minimiert und andere Arten oder Lebensräume nicht bzw. nur minimal beeinträchtigt werden,
  • die nationalen und internationalen Regelungen und Konventionen (BNatSchG, FFH-/VS-Richtline, Ramsar, Bonner Konvention, insbesondere AEWA etc.) beachtet werden,
  • die Nachhaltigkeit der Nutzung entsprechend den Anforderungen der Biodiversitätskonvention gesichert ist (bei wandernden Tierarten muss die Nach¬haltigkeit für Sommer- wie Winterhabitat und für die gesamte Zug-/Wanderstrecke sichergestellt sein) und
  • der Tierschutz sowie die ethischen Anforderungen der Gesellschaft beachtet werden.

Die dem Jagdrecht unterliegenden Arten im Saarland sollen sich beschränken auf:

  • Damhirsch (Dama dama)
  • Fasan (Phasianus colchicus)
  • Feldhase (Lepus europaeus)
  • Fuchs (Vulpes vulpes)
  • Mufflon (Ovis orientalis musimon) – Diese Art ist vollständig aus der Wildbahn zu entnehmen.
  • Rothirsch (Cervus elaphus)
  • Reh (Capreolus capreolus)
  • Stockente (Anas platyrhynchos)
  • Wildschwein (Sus scrofa)
  • Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus)

Gefährdete Arten, die in der Roten Liste des Saarlandes aufgeführt sind oder deren Bestände eine nachhaltige Nutzung nicht ermöglichen, sind ganzjährig zu schonen. Andere Arten sind aus den Listen der jagdbaren Arten zu streichen.

Waschbär, Marderhund, Kanada- und Nilgans sind invasive Neozoen, somit aufgrund der nicht im Vordergrund stehenden Verwertung nicht als jagdbare Arten einzustufen und daher in dieser Liste nicht aufgeführt. Aus naturschutzfachlicher Sicht ist für diese Arten unter Umständen ein Wildtiermanagement erforderlich, das ggf. auch jagdliche Methoden anwendet, jedoch dem Naturschutzrecht unterliegt. Das Management nichtjagdbarer Arten (Wildtiermanagement), das nach dem Naturschutzrecht geregelt ist (etwa zum Schutz bedrohter lokaler Populationen vor Prädation), ist nicht Gegenstand dieses Positionspapiers. Das Jagdrecht konnte bisher ein erfolgreiches Management der Arten nicht bewirken.

(Verfassungs-)Rechtlicher Rahmen

Verändert haben sich in den letzten Jahren die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen für die Jagd. Mit der Verfassungsreform im Jahr 2006 (sog. „Föderalis¬musreform") wurde die Gesetzgebungskompetenz der Länder für die Jagd deutlich gestärkt: In allen Punkten, die nicht das Recht der Jagdscheinvergabe betreffen, können seitdem die Länder von den Regelungen des Bundesjagdgesetzes (BJG) abweichende, eigenständige Landesjagdgesetze (LJG) erlassen.

Eingeschränkt wird dieses weitgehende Gestaltungsrecht im Bereich Jagd durch das abweichungsfeste Artenschutzrecht aus dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG). Zwar unterliegt das BNatSchG in weiten Teilen auch der konkurrierenden Gesetzgebung, der Artenschutz ist allerdings abweichungsfest.

Der Bundesgesetzgeber kann daher alle für den Artenschutz notwendigen Schutzregelungen im BNatSchG abweichungsfest festlegen. So kann der Bund z. B. Verpflichtungen aus nationalen und internationalen Artenschutzbestimmungen trotz grundsätzlich konkurrierender Gesetzgebung im BNatSchG und im BJG regeln. Diese Regelungen sind dann der verbindliche Rahmen für das Jagdrecht auf Bundes- und Länderebene und führen zu einer weitgehenden Vereinheitlichung des Jagdrechts. Nicht verändert wurde durch die Föderalismusreform die Zuordnung des Tierschutzrechts zur ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Die Länder können hier keine abweichenden Regelungen, die den Tierschutz zu Gunsten der Jagd beschränken, treffen.

Da das BJG von 1952/53 vor dem damaligen gesellschaftspolitischen Hintergrund verfasst und seitdem nicht novelliert wurde, liegt es auf der Hand, dass es in wesentlichen Teilen nicht mehr den Anforderungen der heutigen Gesellschaft entspricht. Besonders im Vergleich der Ver- und Gebote für den nichtjagenden Bürger und den Jäger gibt es unterschiedliche Handhabungen, die den modernen Erfordernissen angepasst werden müssen. So darf der Bürger eine Mauserfeder der Amsel nicht der Natur entnehmen, der Jäger derzeit aber einen verletzten Habicht schießen und sich für Präparationszwecke (nach behördlicher Erlaubnis) aneignen.

Auch in Schutzgebietsverordnungen wird die Jagd kaum eingeschränkt. Der Bürger darf oft Wege nicht verlassen, wohingegen der Jäger seine massiv störende Jagd ausüben kann. Daher ist die Jagd in Schutzgebieten abhängig vom Schutzstatus gesetzlich zu beschränken.

Für die bejagten Paarhufer bedeutet die aktuelle Jagdpraxis, dass sich die Aktivität von der Freifläche in den Wald und vom Tag in die Nacht verlagert, um sich den Stö¬rungen zu entziehen. Dies führt in der Folge zu erheblichen forstlichen Wildschäden und einer wirtschaftlichen und naturschutzfachlich bedenklichen Baumartenent¬mischung.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat im Juni 2012 in einem endgültigen Urteil entschieden, dass die deutschen Jagdrechtsbestimmungen bezüglich der Zwangsmitgliedschaft in Jagdgenossenschaften den in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerten Schutz des Eigentums verletzen. Unberührt davon bleiben Maßnahmen des Wildmanagements, die aus übergeordneten fachlichen Gründen (z. B. Naturschutz, Wildfolge, Tierseuchen etc.) notwendig sind und durch die zuständige Behörde im Einzelfall nach Abwägung aller Belange angeordnet werden können.

Forderungen zur Jagdpraxis

Methoden

Ansitz- und Bewegungsjagd

Effektive Jagdmethoden stellen Gruppenansitze und Bewegungsjagden (Stöberjagden) innerhalb von intensiv genutzten Intervallen dar. Dadurch wird die Störung im Verhältnis zum „ständigen" Einzelansitz minimiert. Gruppenansitze und Bewegungsjagden sind daher bevorzugte Jagdmethoden.

Beizjagd

Das Halten und Abrichten von Greifvögeln sowie die Jagd mit ihnen widersprechen dem Natur- und Tierschutz. Die Beizjagd ist abzuschaffen.

Fallenjagd

Keine Falle fängt selektiv. Menschen und Tiere werden unnötigen Gefahren ausgesetzt. Die Verwendung von Fallen im Rahmen der regulären Jagdausübung wird abgelehnt.

Baujagd

Die Baujagd ist keine Form der Jagd, die die Kriterien einer grundlegenden Begründung für die Ausübung der Jagd erfüllt. Sie ist aus Gründen des Tierschutzes für die Zielarten und den Jagdhund nicht zulässig. Wir fordern deshalb ein Verbot der Baujagd.

Munition

Die Jagd muss mit bleifreier Munition erfolgen, um Tiere, Umwelt und Verbraucher nicht weiter mit Blei zu belasten. Jäger können auf ein ausreichendes Angebot bleifreier Munition zurückgreifen.

Jagdzeiten

Jagd ist so störungsarm wie möglich durchzuführen. Nach diesem Grundsatz sind die Jagdzeiten deutlich zu kürzen und zeitlich zu harmonisieren. Bei der Jagd auf Paarhufer sind effektive Jagdmethoden mit minimalen Beeinträchtigungen vorzuschrei¬ben, wie z. B. Intervalljagden und Stöberjagden, da sich in der langen Zeit der Jagd¬ruhe die Stressbelastung für die Tiere wieder abbaut.

Wir fordern darüber hinaus, zur grundsätzlichen Vermeidung von Störungen während der Brut- und Aufzuchtzeit insbesondere von Wildvögeln die Jagd in diesem Zeitraum ruhen zu lassen. Im Besonderen stellt die aktuell bestehende Jagdzeit im Frühjahr auf Rehböcke und einjährige Rehe eine erhebliche Störung während der Brut- und Aufzuchtzeit vieler Wildtiere dar, die zu vermeiden ist.

Die Jagdzeiten sind nicht mehr nach Geschlecht und Alter zu differenzieren, wie dies bisher aus Trophäengründen geschah.

In der Zeit zwischen 01.01. und 31.07. herrscht generelle Jagdruhe. Im Spätwinter führt eine Beunruhigung durch Jagd zu einer vermehrten Bewegungsaktivität der Tiere. Dies steigert den Energieverbrauch, der sich entsprechend schlecht auf die Winterkonstitution der Tiere auswirkt. Die Tiere verbleiben aufgrund von Störungen im Wald. Hier kommt es zu einer Zunahme von Schäl- und Verbissschäden. Etwaig notwendige Maßnahmen des Wildmanagements können auch nach bzw. vor diesem Zeitraum umgesetzt werden.

Nutznießer einer störungsarmen Jagd sind die wildlebenden Tiere und der naturbeobachtende Mensch, da es bei zurückgehendem Jagddruck wieder verstärkt möglich sein wird, Tiere in der Natur zu beobachten. Nachgewiesen ist, dass eine permanente Beunruhigung durch Jagd das Wild heimlich werden lässt und sich seine Aktivitätsphasen und -räume stark verschieben. Gleichzeitig entsteht eine negative Rückkopplung auf den Jagderfolg, da wiederum mehr Aufwand betrieben werden muss und eine effektive Bejagung nicht mehr möglich ist.

Die Harmonisierung der Jagdzeiten sieht folgende Jagdzeiten vor:

  • Damhirsch, Fasan, Feldhase, Fuchs, Reh, Rothirsch und Wildschwein vom 01.08. bis 31.12. eines Jahres,
  • Stockente vom 20.08. bis 10.09. eines Jahres.

Die Jagd wird auf die Zeit von einer Stunde vor Sonnenaufgang bis eine Stunde nach Sonnenuntergang beschränkt. Bei der nächtlichen Bejagung würde in die einzige vollständige Ruhephase eingegriffen, die dem Wild während der Jagdsaison noch bleibt.

Ist aufgrund von akuten Schäden eine dauerhafte Reduzierung der Population der oben genannten Tierarten außerhalb der genannten Jagdzeiten notwendig, können auf Antrag Ausnahmegenehmigungen der zuständigen Behörde erteilt werden.

Hege

Jagd soll sich auf die Nutzung eines Wildbestandes beschränken, ohne diesen gezielt für die Jagd zu optimieren, wie es das heutige Jagdrecht als Hege vorschreibt. Daher ist jegliche einseitige Förderung jagdbaren Wildes zu verbieten.

Jagd auf Vögel

Die Jagd auf Vögel darf aus Gründen des Artenschutzes (Verwechslungsgefahr und Erhöhung der Gefahr von Fehlschüssen) ausschließlich durch den Abschuss einzel¬ner Vögel nach sicherer Bestimmung erfolgen. Die Jagd auf Gruppen oder Schwärme fliegender Vögel sowie in der Dämmerung muss daher unterbleiben.

Die Jagd auf Zugvögel kann grundsätzlich nur dann ermöglicht werden, wenn die gesamte Population in einem guten Erhaltungszustand ist und die Bestandsentwicklung (u. a. aktueller Bruterfolg) jährlich erfasst und auf der gesamten Zugroute nach populationsökologischen Kriterien eine verantwortbare Anzahl von nachhaltig zu nut¬zenden Tieren festgelegt wird. Diese Maximalzahl müsste dann auf alle Staaten entlang der Zugroute aufgeteilt werden. Ein derartiges Monitoring und rechtsverbindliches Regelwerk besteht derzeit nicht. Wir lehnen die Jagd auf Zugvögel daher ab. In Europäischen Vogelschutzgebieten ist die Jagd auf Wasservögel explizit auszu¬schließen.

Jagd in Schutzgebieten

Aus unserer Sicht darf die Jagd in Schutzgebieten des Naturschutzrechts ausschließlich dem Schutzzweck dienen und ist in den Schutzgebietsverordnungen darauf zu beschränken. In Kernzonen (Schutzzone 1) von Großschutzgebieten wie Na¬tionalparken und Biosphärenreservaten darf die Jagd nicht zulässig sein, da diese Bereiche einer ungestörten natürlichen Entwicklung ohne menschliche Eingriffe unterliegen.

Forderungen zur Praxis des jagdlichen Managements

Soweit trotz der Erfüllung der jagdlichen Abschussvorgaben eine Reduzierung des Bestandes von Wildarten aus Gründen der Schadensreduzierung in Land- und Forstwirtschaft, Naturschutz oder Seuchenbekämpfung notwendig ist, wird dies im Rahmen des Wildmanagements durchgeführt.

Ziel des Wildmanagements muss es sein, den gewünschten Effekt mit dem geringsten Eingriff in eine Population zu erzielen. Sofern zur Erreichung naturschutzfachlicher Ziele im Rahmen des Wildmanagements keine andere Möglichkeit besteht, kann dabei als letztes Mittel und auf behördliche Anordnung hin auch auf für die reguläre Jagd unzulässige Methoden zurückgegriffen werden. In besonderen Wild-schadensfällen durch Wildschweine und ggf. Rehe können daher z. B. unter behörd-licher Genehmigung und unter entsprechender Kontrolle Kirrungen eingerichtet, zum Schutz von Bodenbrütern Fallen eingesetzt werden, auch Ablenkungsfütterungen zu lokalen Entlastungen von Habitaten oder Wildruhezonen ausgewiesen werden.

Abschuss von Hunden und Katzen („Jagdschutz")

Nach unserer Ansicht hat der Abschuss von Hunden und Katzen keinen belegbaren positiven Effekt auf den Erhalt der biologischen Vielfalt. Die Gefahr, dass durch Verwechselung von Wölfen mit Hunden oder von Wildkatzen (ggf. Luchs) mit Hauskatzen seltene und streng geschützte Arten erlegt werden, ist dagegen hoch. Wir sprechen uns deshalb gegen den Abschuss von Katzen und Hunden im Rahmen des sogenannten „Jagdschutzes" aus. Auf behördliche Anordnung ist dieser jedoch mitunter notwendig (z. B. zur Vermeidung von Hybridisierungen bei Wildkatze oder Wolf). Dieses unterliegt dann den ordnungs- bzw. naturschutzrechtlichen Regelungen.

Medikamentengabe

Die Gabe von Medikamenten (und Impfstoffen), Aufbaupräparaten und Salz zum jagdlichen Wildtiermanagement wird abgelehnt, da sie in die natürliche Populationsdynamik eingreifen und überhöhte Wilddichten fördern, die wiederum zu ökologischen Schäden führen können und wirtschaftliche Schäden begünstigen.

Fütterung

Die unter dem unbestimmten Rechtsbegriff der jagdlichen „Hege" vollzogene Praxis der Fütterung widerspricht dem grundlegenden Verständnis des Naturschutzes, nur in besonderen Ausnahmen ist in die Dynamik wildlebender Populationen einzugreifen. Der Bestand fast aller Paarhuferarten in Deutschland ist in den vergangenen Jahren stetig angestiegen. Neben einer veränderten Landwirtschaft und dem damit verbundenen vergrößerten Nahrungsangebot spielen aber auch die Fütterung und der missbräuchliche Einsatz von Kirrungen eine entscheidende Rolle.

Alle bisherigen rechtlichen Beschränkungen von Fütterungen und Kirrungen durch die Länder haben an einer kontraproduktiven massiven Fütterungspraxis nichts ändern können. Daher ist ein Fütterungs- und Kirrverbot von Schalenwild eine logische Konsequenz. Der natürliche Tod von Wildtieren im Winter und bei Nahrungsengpässen ist ein biologischer Prozess, der zu hohen Wilddichten vorbeugen kann. Durch den Fütterungsverzicht kann die natürliche Selektion wieder stärker greifen und es werden gesündere Wildtierbestände gefördert, da kranke und schwache Tiere im Vergleich zu gesunden Individuen einer höheren Mortalität während der Wintermonate unterliegen. Wir fordern daher den grundsätzlichen Verzicht auf die Ausbrin¬gung von Futtermitteln.

Forderungen zur Organisation der Jagd

Abschussplanung

Wir fordern, die Abschussplanung künftig jährlich anhand waldbaulicher Kriterien (z. B. Verbissmonitoring, Schälschadensinventur) als Gruppenabschusspläne revier¬über¬greifend z. B. auf Ebene naturräumlicher Einheiten für alle jagdbaren Paarhuferarten festzusetzen. Die Abschussregelung soll als Mindestabschüsse (außer bei Rotwild) festgesetzt werden. Die Nichterfüllung der Abschusspläne ist zu ahnden.

Für die Notwendigkeit sogenannter Trophäen- oder Hegeschauen gibt es keine ökologische Begründung. Sie sind daher abzuschaffen.

Anhörungspflicht bei Ausnahmeregelungen

Bei Ausnahmeregelungen im Rahmen des jagdlichen Managements müssen die Naturschutzverbände wie die Träger öffentlicher Belange angehört werden, um zum ei¬nen deren lokalen Erfahrungswerte in die Entscheidungsfindung mit einzubeziehen und zum anderen auch die Transparenz der Entscheidungsgrundlagen zu erhöhen.

Forschung

Es besteht weiterer wildbiologischer Forschungsbedarf, um die Grundlagen des Jagd- und Wildtiermanagements fachlich fundiert weiter zu entwickeln. Die Wildtierforschung muss daher unabhängig vom Jagdausübungsberechtigten möglich sein.

Sicherung von Vernetzungsmaßnahmen

Es besteht weiterer Forschungsbedarf bezüglich des Zusammenhangs zwischen Jagdausübung im Umfeld der Grünbrücken und dem dadurch entstehenden Einfluss auf die Nutzung der Grünbrücke auf Wildtiere. Um den Erfolg von Wiedervernetzungsmaßnahmen – wie beispielsweise Grünbrücken – nicht zu gefährden, muss die Jagd in angemessener Entfernung solcher Einrichtungen entsprechend zurückgestellt werden.

Die Verbreitung der heimischen (!) Paarhuferarten darf nicht auf gesetzlich festge¬legte Gebiete (Bewirtschaftungsgebiete) beschränkt werden. In Gebieten, in denen diese noch nicht dauerhaft vorkommen, sind sie von der Jagd zu schonen, bis sich eine ungefährdete lokale Population gebildet hat.

Aneignungsrecht

Bei Wild mit ganzjähriger Schonzeit muss das Aneignungsrecht des Jagdausü¬bungs¬berechtigten entfallen.

Wildfolge

Die Wildfolge auf krankgeschossenes Wild ist aus Tierschutzgründen notwendig. Dies trifft für befriedete Bezirke und bejagbare Flächen gleichermaßen zu. Aus diesem Grund muss grundsätzlich die Wildfolge per Gesetz zwischen einzelnen Jagdbezirken und oder befriedeten Bezirken zulässig sein.

Jagdliche Aus- und Fortbildung

Jagdausübende tragen eine hohe Verantwortung im Umgang mit wildlebenden Tieren und haben zugleich den Anspruch, Natur- und Artenschutz zu betreiben und in diesem Kontext die Jagd auszuüben. Vor diesem Hintergrund ist eine umfassende Ausbildung unerlässlich. Die bisherigen Ausbildungsschwerpunkte für die Jagdprü¬fung müssen daher um einen Sachkundenachweis Wildtiermanagement ergänzt werden:

  • Der bereits bestehende Unterrichtsbaustein Wildbiologie ist um die Themenfelder Ökosysteme (Wald/Offenland/Binnengewässer) und Verhaltensbiologie zu er¬weitern.
  • Ein besonderes Augenmerk ist darüber hinaus auf Artenkenntnis zu legen. Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse sind zudem fortlaufend in den Unterricht zu integrieren.
  • Die in der jagdlichen Ausbildung tätigen Dozenten müssen sich regelmäßig in diesen Unterrichtsbereichen fortbilden.

Die Ausbildung an der Waffe erfolgt unter Berücksichtigung tierschutzrechtlicher Gesichtspunkte und orientiert sich inhaltlich an den Richtlinien des jeweiligen Bundeslandes. Wir fordern für alle Jagdausübungsberechtigten einen jährlich durchzuführenden Leistungsnachweis für den Gebrauch der Schusswaffen, die von ihnen im jagdlichen Einsatz geführt werden. Prinzipiell muss bei diesem Nachweis eine qualifizierte Schießaufsicht die Standaufsicht durchführen, die bei Bedarf dazu befähigt ist, dem Schützen Anleitung/Anweisung zu geben und auch die Leistung bescheinigen darf. Der Nachweis ist auf einem behördlich genehmigten Schießstand zu erbringen. Der Gesetzgeber hat dafür mit einer entsprechenden Verordnung inklusive der entsprechenden Ausführungsbedingungen eine belastbare Rechtsgrundlage zu schaffen.

Die Ausbildung von Jagdhelfern wie Jagdhund, Frettchen oder Greifvogel an lebenden Tieren ist aus Tierschutzgründen zu verbieten.

Kernforderungen von BUND und NABU zur Jagd

  1.  Anpassung der Liste jagdbarer Arten,
  2.  Verbot der Jagd auf alle im Bestand bedrohten Tierarten,
  3. Nutzungsgebot für alle erlegten Tierarten,
  4. Harmonisierung und Verkürzung der Jagdzeiten,
  5. Verbot der Nachtjagd,
  6. Verbot der Tötung von Haustieren,
  7. Anerkennung des Rechtes zur Einschränkung bzw. Untersagung der Jagd aus Gründen des Natur- und Artenschutzes sowie aus Gewissensgründen auf eigenen Flächen,
  8. keinerlei Einschränkung des Waldbetretungsrechtes aufgrund jagdlicher Ansprü¬che,
  9. Vereinfachung der Abschusspläne/Mindestabschusspläne,
  10. Verbot von Bleimunition,
  11. Verbot von Fütterungen, Kirrungen, Lockmitteln und der Verabreichung von Medi¬kamenten,
  12. Verbot der Fallenjagd,
  13. Verbot der Jagdhundeausbildung an lebenden Tieren,
  14. Ergänzung der jagdlichen Ausbildung sowie
  15. Neufassung des Saarländischen Jagdgesetzes mit gleichzeitiger Vorlage der er¬gänzenden Verordnungen.

 

Kontakt:

Für den NABU Saarland e. V., Ulrich Heintz, NABU-Landesvorsitzender

Für den BUND Saarland e. V., Christoph Hassel, BUND-Landesvorsitzender