Biodiversitätsschäden im Umweltschadensgesetz und deren Relevanz für Naturschutzverbände

Anja Louia, beim NABU schon u.a. durch die Organisation der picobello-Aktionen mit dem MfU bekannt, hat im Rahmen einer Diplom-Arbeit anhand von Fallbeispielen im Saarland die Relevanz der EU-Richtlinie und des Bundesgesetzes für Naturschutzorganisationen und die Naturschutzpraxis untersucht.

Mit der Richtlinie über die Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden aus dem Jahre 2004 schaffte das EU-Gemeinschaftsrecht neue Schutzstandards für Schäden an Boden, Gewässer und der biologischen Vielfalt. Durch die Umwelthaftungsrichtlinie wurde erstmals ein gemeinschaftsrechtliches Regelungsinstrument eingeführt, das Biodiversitätsschäden verhindern soll bzw. Sanierungsmaßnahmen vorgibt und somit den Schutz von Arten und natürlichen Lebensräumen maßgeblich unterstützen kann. Mit der Umsetzung der Richtlinie versucht sich der deutsche Gesetzgeber erstmals an einer öffentlich-rechtlichen Haftungsregelung. Hierin werden unter anderem auch Biodiversitätsschäden behandelt. Weiterhin soll anerkannten Vereinigungen eine Beteiligung bei Fällen mit Umweltschäden ermöglicht werden. Es stellt sich demnach die Frage, was unter einem Biodiversitätsschaden zu verstehen ist, welche Normen diesen regeln und inwiefern hieraus Beteiligungsmöglichkeiten für Naturschutzvereinigungen entstehen.

 

Endergebnis und Fazit (=Teil 5) aus der Diplom-Arbeit:

Das Umweltschadensgesetz bietet erstmals eine öffentlich-rechtliche Haftungsregelung für Schäden an natürlichen Ressourcen auf der deutschen Bundesebene. In Anlehnung an die wohl bekanntesten gemeinschaftsrechtlichen Artenschutzregelungen wird in diesem Regelungsumfang auch der Schutz von Arten und natürlichen Lebensräumen aufgenommen. Erstmals können Verantwortliche für Schäden an solchen natürlichen Ressourcen haftbar gemacht werden, ohne dass diese in einem Rechtsverhältnis wie bspw. in einem Eigentum eines Dritten stehen müssen. Für den Biodiversitätsschaden können sowohl verschuldensunabhängige als verschuldet verursachte Beeinträchtigungen zu einer Haftung führen, was im Vergleich zu den anderen Schutzbereichen der Gewässer und des Bodens als Erweiterung anzusehen ist. Dass jedoch ein solcher Schaden an Arten und Lebensräumen nach den Maßgaben des USchG und seiner ergänzenden Fachgesetze als gegeben anzusehen ist, bedarf der Erfüllung mehrerer Voraussetzungen, die in der Praxis wahrscheinlich oftmals different ausgelegt werden. Insbesondere die Verweise an Richtlinientext und Fachgesetze führen die Prüfung des Einzelfalls in komplexe Untersuchungsebenen.

Auch für die Vertreter des aktiven Naturschutzes sind die Regelungen des USchG relevant. Anerkannten Naturschutzvereinigungen werden Mitwirkungsrechte und die Möglichkeit des Rechtsbehelfseinsatzes nach Umweltrechtsbehelfsgesetz zugesprochen. Allerdings ist zu erwarten, dass eine solche Option zu einer Einlegung einer Verbandsklage äußerst selten in Anspruch genommen wird, da der Anwendungsbereich des USchG besonders komplex ist und auch der Rechtsbehelf nach UmwRBG mit alt bekannten Problemen durch die Voraussetzung eines Drittschutzes den Zugang zu den Gerichten weiter schmälert. Ebenfalls ist in dieser Hinsicht zu erwarten, dass auch die Kostenfaktoren einer Verbandsklage die Durchführung einer solchen verhindern können.

Dies ist jedoch wiederum darauf zurückzuführen, dass das USchG mit seinen Ausnahmen, Legitimationen und seinem engen Anwendungsbereich ein hohes juristisches und naturschutzfachliches Wissen voraussetzt.

Alles in allem ist das Umweltschadensgesetz ein gut durchdachtes Instrument für eine öffentlich-rechtliche Haftung und auch für die Umweltschutzpolitik auf Bundes- und Landesebenen. Es kann sicherlich durch seinen Regelungsumfang für Arten und Lebensräumen einen maßgeblichen Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt leisten und durch einen institutionellen Rahmen ein Stück mehr zu den Zielen des Übereinkommens zur biologischen Vielfalt der Vereinten Nationen beitragen. Ein wirkungsvoller Naturschutz (auch in der Industrie) ist besonders in Zeiten von wirtschaftlichen Krisen zu einem eher sekundären Thema geworden. Daher sind besonders solche Gesetze wie das USchG mehr als ein Anreiz zu verstehen, der den Gedanken zum Schutz natürlicher Ressourcen auch wieder in die Wirtschaft und in die Industrien zurückbringen kann; auch wenn das dem USchG mit der Androhung von Haftungsrisiken gelingen muss. Die öffentlich-rechtliche Haftung wird von Gewerbetreibenden aktuell noch als Verschärfung der betrieblichen Umweltverantwortung und damit auch als existenzgefährdend angesehen. Allerdings ist zu erwarten, dass ein guter betrieblicher Umweltschutz über kurz oder lang Wettbewerbsvorteile mit sich bringen wird, da das Umweltbewusstsein der Gesellschaft weiter wächst.

Edward O. Wilson zitiert den im Jahr 2000 verstorbenen Präsidenten der Naturschutzorganisation “The Nature Conservancy“ John C. Sawhill, “letztlich wird unsere Gesellschaft nicht allein danach beurteilt werden, was wir geschaffen haben, sondern auch danach, was wir nicht zu zerstören bereit waren“.

... Download der Diplom-Arbeit von Anja Louia (etwa 990kB)