Austrittsvorbehalt des Landkreises Neunkirchen aus dem Zweckverband LIK.Nord

Offener Brief

Sehr geehrter Herr Landrat,

wie wir aus der Veröffentlichung der Tagesordnung der nächsten Kreistagssitzung am 13.11.2025 um 16.30 Uhr in Neunkirchen erfahren haben, schlagen Sie den Mitgliedern des Kreistages vor, einen „Austrittsvorbehalt zum Stichtag 31.12.2026“ gegenüber dem Zweckverband LIK.Nord vorzunehmen und darüber eventuell abstimmen zu lassen.

Wie Sie wissen, begleiten die großen Naturschutzverbände des Landes, zusammen mit ihren örtlichen Untergliederungen (Neunkirchen, Schiffweiler, Merchweiler, Stennweiler und Unteres Illtal) das Naturschutzgroßprojekt LIK.Nord von Beginn an intensiv und konstruktiv in ehrenamtlicher Zuarbeit. Vor allem aber auch mit Ideen, die ihren Niederschlag u. a. in der prozessschutzorientierten Waldwirtschaft im Quierschieder Wald (Landschaftslabor Forstwirtschaft und natürliche Prozesse) oder dem Ganzjahresbeweidungsprojekt „Saarengeti“ im Merchtal (Landschaftslabor Vogelzug und wilde Weiden) gefunden haben.

Wir hatten uns deshalb auch gefreut, dass die Leitung des Landkreises Neunkirchen damals angefragt hatte, ob der Landkreis dem Zweckverband beitreten kann. Die Zweckverbandsversammlung, die Mitglieder des Kreistages Neunkirchen und letztendlich auch das Ministerium für Umwelt des Saarlandes und das Bundesamt für Naturschutz in Bonn hatten dem Antrag gerne zugestimmt.

Die Satzung des Zweckverbandes unterstreicht im Zusammenhang mit seinen Zielen bereits am Anfang des Textes das Erfordernis der langfristigen, dauerhaften und über die Dauer der Förderung durch Bund und Land hinausgehenden Erfüllung der gestellten Aufgaben. Wir gehen davon aus, dass dieser zentrale Anspruch beim freiwilligen Beitritt den Entscheidungsträger*innen bekannt war.

Weiterhin dürfte bekannt gewesen sein, dass sich für die Mitglieder des Zweckverbandes (Landkreis, Kommunen, IKS) daraus auch finanzielle Verpflichtungen ergeben, um die geförderten Flächenankäufe und darauf erfolgte Naturschutzmaßnahmen, aber auch Maßnahmen der Förderung des Naturerlebnisses und der Besuchendeninformation, langfristig in einem guten Zustand zu erhalten.

Man könnte bei dem letztgenannten Punkt auch die Überschrift „politische und rechtliche Nachhaltigkeit“ wählen.

Naturschutzgroßprojekte verstehen sich als Beitrag des Bundes und Landes zur langfristigen und dauerhaften Sicherung des Naturerbes der Bundesrepublik Deutschland. Nicht zuletzt deshalb haben Bund und Land in den letzten Jahren rund zehn Millionen Euro für dieses einmalige Naturschutzgroßprojekt in einer urbanen Industrielandschaft in die Region fließen lassen. Diese Finanzmittel sind nicht nur dem Natur- und Artenschutz, sondern auch den Kommunen, Grundstückseigentümer*innen, Umwelt- und Planungsbüros, bauausführenden Firmen und letztendlich auch der Tourismus- und Kulturzentrale des Landkreises Neunkirchen zugutegekommen.

Dass diese Investitionen im Sinne der beabsichtigten Wirkung gut angelegt sind, zeigen die Ergebnisse der Schlussevaluierung des Projektes, die man auf der Internetseite Ihres Zweckverbandes finden kann. Sie zeigen aber auch, dass die (Arten-)Vielfalt und Schönheit der Landschaft des Bergbauerbes nur erhalten werden kann, wenn sie dauerhaft betreut und gepflegt wird.

Der von Ihnen angestrebte Austritt aus dem Zweckverband stellt unseres Erachtens nicht nur eine Gefahr für die Verstetigung der Projektziele und eines Nachahmungseffektes bei anderen Mitgliedern dar, sondern kann, im schlimmsten Fall, zu erheblichen Mittelrückforderungen der Zuwendungsgeber führen. Ebenso ist zum jetzigen Zeitpunkt wohl kaum abzuschätzen, ob die verbleibenden Mitglieder des Zweckverbandes, die im § 21 der Satzung geregelte Möglichkeit des Ausscheidens mit der in Absatz 2 verbundenen Haftung für die Verbindlichkeiten in Anspruch nehmen.

Es ist uns bewusst, dass die aktuelle finanzielle Situation der Kommunen mehr als an-gespannt ist. Vor dem Hintergrund des für den Landkreis aktuell diskutierten zukünftigen Beitrags in Höhe von rd. 11.000 Euro pro Jahr im Verhältnis zum Gesamthaushalt des Landkreises von ca. 240 Mio. Euro bitten wir Sie eindringlich, diese Entscheidung zu überdenken und sich auch weiterhin konstruktiv an einer tragfähigen Lösung der eingegangenen Verpflichtungen des Zweckverbandes gegenüber Bund und Land, am Ende aber auch damit für die Bürgerinnen und Bürger des Landkreises und darüber hinaus, zu beteiligen.

Wir haben uns erlaubt, eine Kopie dieses Schreibens an die übrigen Mitglieder des Zweckverbandes, die Fördergeldgeber und die Medien weiterzuleiten.

Mit freundlichen Grüßen

Für die Verbände

  • Gez. Christoph Hassel, Landesvorsitzender, BUND, Landesverband Saarland e. V
  • Gez. Corinna Heyer, Landesvorsitzende, NABU (Naturschutzbund Deutschland), Landesverband Saarland e. V.

Dieses Dokument wurde vollständig elektronisch erstellt und bedarf keiner Unterschrift oder Signatur.

Nachrichtlich per E-Mail:

Herrn Oberbürgermeister der Kreisstadt Neunkirchen, kreisstadtneunkirchen.de
Herrn Bürgermeister der Stadt Friedrichsthal, rathausfriedrichsthal.de
Herrn Bürgermeister der Gemeinde Illingen, gemeindeillingen.de
Herrn Bürgermeister der Gemeinde Merchweiler, gemeindemerchweiler.de
Herrn Bürgermeister der Gemeinde Schiffweiler, gemeindeschiffweiler.de
Herrn Bürgermeister der Gemeinde Quierschied, mailquierschied.de
Industriekultur Saar GmbH, Herrn Valentin Holzer, v.holzerstrukturholding.de
Ministerin für Umwelt, Klima, Mobilität, Agrar und Verbraucherschutz, Frau Petra Berg,
ministerinumwelt.saarland.de
Bundesamt für Naturschutz, Herrn Jens Schiller, Jens.SchillerBfN.de
Bundesministerium für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Frau Angelika Balzert, Angelika.Balzertbmuv.bund.de
Saarländischer Rundfunk (über Presseverteiler NABU)
Saarbrücker Zeitung (über Presseverteiler NABU)

Für Rückfragen:

Detlef Reinhard (NABU), mobil 0160 97598804
Christoph Hassel (BUND), mobil 0177 4113218