Für die Art ist das der Erstnachweis im IKEA-Biotop und die erste Feststellung im Saarland seit 1990. Damit steigt die Zahl der nachgewiesenen Arten im Biotop auf 179, von denen 119 auch gefangen und beringt werden konnten.
Der Seidensänger ist eine vorwiegend in Südeuropa beheimatete Art, die in Feuchtgebieten, gerne in Gewässernähe in dichter und hoher Vegetation brütet (z.B. Gebüschen) und sich vor allem von Kleininsekten ernährt. Seidensänger sind vorwiegend Jahresvögel, die ganzjährig in den Brutgebieten verbleiben und kaum Zugbewegungen durchführen. In den letzten Jahren wurde aber eine stetige Arealausweitung nach Norden festgestellt, insbesondere in den Niederlanden sind in wenigen Jahren zahlreiche neue Reviere entdeckt worden. Derzeit steht die Art an der deutsch-niederländischen Grenze und ist kurz davor, auch die Region am Niederrhein zu besiedeln. Ein Zusammenhang zwischen dieser Ausbreitung und den meist milden Wintern der letzten Jahre wird angenommen. Man vermutet, dass der Seidensänger einer der Profiteure von einem anhaltenden Klimawandel ist.
Bereits in der Vergangenheit war der Seidensänger im Saarland sehr wahrscheinlich Brutvogel. In den 1970er und Anfang der 80er Jahre gab es in mehrere konkrete Hinweise auf Bruten in verschiedenen Feuchtgebieten des Saarlands. Unser „Altmeister“ Lothar Hayo konnte 1975 bei Blieskastel im Südosten des Saarlands ein Revierpaar über die komplette Brutzeit feststellen und sowohl ein Männchen, als auch ein Weibchen dort fangen und beringen. Auch der letzte im Saarland dokumentierte Seidensänger wurde 1990 von ihm beringt.
Die Herkunft des Fänglings ist absolut unklar. Fakt ist, dass es sich um ein adultes Weibchen mit Brutfleck handelt, das in dieser Saison also wohl einen Brutversuch unternommen hat. Ebenso ist klar, dass im IKEA-Biotop sehr wahrscheinlich keine Brut übersehen wurde, dazu wird zu intensiv und regelmäßig kontrolliert. Denkbar ist hingegen eine Herkunft aus dem lokalen Umland, einige Fluss- und Bachtäler im Saarland bieten potentiell geeignete Lebensräume. Doch auch ein Abzug aus weiter entfernten Brutgebien ist möglich. Kleinvögel sind in der Lage, Distanzen von hunderten Kilometern problemlos in wenigen Tagen zu überbrücken. Das stark abgenutzte Gefieder des Seidensänger-Weibchens könnte ebenfalls ein Zeichen für einen weiten Zugweg sein. Diese Ausflüge während der Brutzeit sind auch nicht ungewöhnlich.
Eines aber zeigt dieser Fang sehr deutlich: Alle Beobachterinnen und Beobachter im Saarland und in ganz Westdeutschland sollten diese Art auf dem Schirm haben und mit Gesang und Aussehen vertraut sein. Es besteht die historische Chance, diese Einwanderung von Anfang an zu dokumentieren!
Weitere Infomationen zum Projekt: www.NABU-saar.de/vogelberingung
Im Namen des gesamten Teams der Beringungsstation,
Sebastian Kiepsch