Planfeststellungsverfahren Grubenwasseranstieg

2017

Bergrechtliches Planfeststellungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung zum Heben und Einleiten von Grubenwasser am Standort Duhamel in die Saar als Folge des Ansteigen-Lassens des Grubenwasserspiegels auf -320m NN in den Wasserprovinzen Reden und Duhamel
(Antrag der RAG Aktiengesellschaft vom 18.08.2017 – BT GP; hier: Anhörung gem.§ 73 Abs. 2 Saarländisches Verwaltungsverfahrensgesetz; Schreiben des Oberbergamtes des Saarlandes vom 19.09.2017 mit Zeichen: II WASS/5/17)

 

Grundsätzliche Bemerkungen 

  • Es ist mehr als verwunderlich, dass angesichts einer solch komplexen, für große Teile der saarländischen Bevölkerung und Umwelt bedeutenden, weil möglicherweise schädigenden Maßnahme, den beteiligten Behörden, Institutionen und Verbänden nicht die Position der Landesregierung bzw. ihrer qualifizierten Fachbehörden mitgeteilt wurde. Sie haben damit die teilweise fachliche und personelle Überforderung der Beteiligten nach Verwaltungsverfahrensgesetz billigend in Kauf genommen.
  • Zwischen der RAG AG und der RAG Stiftung wurde am 13.11.2007 der „Ewigkeitslastenvertrag“ geschlossen. Darin hat sich die RAG Stiftung dazu verpflichtet, ab dem Zeitpunkt der Einstellung des subventionierten Bergbaus der RAG AG die Mittel zuzuführen, die zur dauerhaften Finanzierung der Ewigkeitslasten benötigt werden. Dazu gehört neben der Grundwassersanierung an kontaminierten Standorten und den sogenannten Poldermaßnahmen insbesondere die Grubenwasserhaltung.
    Sollte das Vermögen der RAG-Stiftung zur Finanzierung der Ewigkeitslasten nicht ausreichen, haben die Länder Nordrhein-Westfalen und Saarland mit der RAG-Stiftung im Erblastenvertrag vom 14.08.2007 zur Bewältigung der Ewigkeitslasten des Steinkohlenbergbaus im Rahmen der sozialverträglichen Beendigung des subventionierten Steinkohlenbergbaus in Deutschland, die Gewährleistung gegenüber Dritten, insb. Rechtsträger des öffentlichen Rechts, zur Erfüllung der Verpflichtungen aus den Ewigkeitslasten übernommen.
    Forderung: Das planungsrechtliche Verfahren (Rahmenbetriebsplan incl. Planfeststellungsverfahren, Umweltverträglichkeitsprüfung usw.) darf den Erblastenvertrag nicht gefährden.
  • Die von Seiten der RAG AG durch den Vorstandsvorsitzenden Bernd Tönjes kom­munizierte Auffassung (siehe SZ vom 18.12.2017, S. B1), dass die finanzielle Tragkraft der RAG-Stiftung zur Haltung des Grubenwasserspiegels sich nur auf der Basis des im KPMG-Gutachten vorgeschlagenen Niveaus bei -320 NN sicher sei, wird von den Umweltverbänden abgelehnt. Das KPMG-Gutachten ist lediglich ein Gutachten und nicht mehr. Es ist im Zuge der Genese des Erblastenvertrages als ökonomische Optimierung und nicht als ökonomische Basis erstellt worden. Grundsätzlich spielen aber derartige ökonomische Überlegungen für die Planung des Grubenwasseranstieges keine vordergründige Rolle. Eine ökonomische Argumentation von Seiten der RAG AG in diese Richtung wird als unangemessene Beeinflussung der öffentlichen Entscheidungsträger angesehen.
  • Eine potentielle Genehmigung zum Anstieg des Grubenwassers bis auf -320 m NN (Phase I) darf nicht automatisch zur Legitimation der Phase II (natürlicher Austritt in die Vorflut Saar) führen.
    In diesem Zusammenhang beharren die Umweltverbände auf der Forderung, die bereits zum Scoping-Termin erhoben wurde, dass die Umweltverträglichkeit zum Grubenwasseranstieg der Phase I zusammen mit der Umweltverträglichkeit einer Phase II betrachtet werden muss.
    Eine UVP ist nicht nur auf alle Schutzgüter im Betroffenheitsbereich für die Phase I anzuwenden, sondern auch bei einer Durchführung der Phase II, unabhängig von der potentiell einzuleitenden Grubenwassermenge.
  • Aussagen der zuständigen Genehmigungsbehörde zur SUP-Pflicht sind den Planunterlagen nicht zu entnehmen. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass die Behörde eine entsprechende Prüfung nicht vorgenommen hat.
    In Anbetracht der Dimension des Vorhabens zum Grubenwasseranstieg in mehreren Wasserprovinzen des Bergwerks Saar hätte eine Strategische Umweltprüfung (SUP) nach UVPG § 14, die alle Teilaspekte eines Grubenwasseranstieges in Phase I und Phase II mit entsprechenden Untersuchungen / Auswirkungen beinhaltet, bereits im Vorfeld des Verfahrens erstellt werden müssen.
    Die Umweltverbände fordern die Durchführung einer SUP in diesem Verfahren.
  • Generell sehen wir es als zwingend erforderliche Aufgabe der Saarländischen Landesregierung einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit der RAG AG mit dem Ziel abzuschließen:
    • Die Verjährungsfrist zur bisherigen Schadensregulierung unbefristet aufzuheben,
    • die Beweislastumkehr auszusetzen,
    • auf die RAG AG einzuwirken, alle im Saarland vorhandenen Bergschadensverzichterklärungen kostenfrei zu löschen, sowie
    • eine unabhängige Regulierungsstelle mit Sitz im Saarland einzurichten.

Einzelforderungen

 

1. Allgemein

1.1.  Die Annahmen zu den Auswirkungen bei Durchführung der Phase I beruhen lediglich auf Auswertungen vorhandener Parameter. Seit Durchführung des Scoping-Verfahrens sind in den letzten zwei Jahren nur unwesentlich mehr Erkenntnisse bzw. eigens angestellte Untersuchungen der Auswirkungen der Phase I hinzugekommen.

Forderung: Grundlage zur Durchführung der Phase I muss zwingend sein, dass sich der Zustand der betroffenen Schutzgüter gegenüber dem Status Quo verbessert. Diese Verbesserung ist gutachterlich nachzuweisen.

Wirtschaftliche Faktoren dürfen bei der Entscheidungsfindung zur Genehmigungserteilung höchstens eine untergeordnete Rolle spielen. Bei der Verbesserung und im Gegenzug die Beeinträchtigungen sind die Zeitachsen ihrer Bedeutung im Sinne des Nachhaltigkeitsprinzips deutlich zu machen.

1.2.  Es werden grundsätzliche Bedenken gegen die Anwendung des Box-Modells geäußert, bei der eine isolierte Betrachtung der einzelnen Wasserprovinzen erfolgt. Diese Anwendung kann eventuell bei der Wasserprovinz Warndt nachvollzogen werden, da diese durch einen Hochdruckdamm von den übrigen Provinzen, hier mit Bezug auf die Phase I auf die Provinzen Reden und Duhamel, abgetrennt ist. Da die oberliegenden Schichten der beiden zu flutenden Grubensysteme auch aus großflächigen Schollen bestehen, können die Auswirkungen von Spannungsänderung durch Flutung sogar an weit entfernten Stellen auftreten.

Forderung: Die Umweltverbände fordern eine gesamtheitliche Betrachtung in Form eines Schollenmodells, auch in Anbetracht der Tatsache, dass der festgelegte Untersuchungsbereich nicht identisch mit dem Betroffenheitsbereich ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass in einigen Grubengebäuden bereits eine Teilflutung ohne planfeststellungsrechtliche Genehmigung stattgefunden hat.

1.3.  Die folgende Forderung begründet sich allein schon aus der Tatsache, dass Beeinträchtigungen bestimmter Schutzgüter wie Grundwasser gutachterlich nicht gänzlich ausgeschlossen werden können (Ausschluss eines Verstoßes gegen das „Verschlechterungsverbot“ der EG-Grundwasserrichtlinie im Bewertungsmaßstab „Qualität“).

Ohne die Möglichkeit, das Grubenwasser wieder abzusenken, wird das Vorsorgeprinzip verletzt. Denn aus den Antragsunterlagen und dem Gutachten von Prof. Dr. Wagner geht auch hervor, dass die Trinkwasserverunreinigung in bestimmten Gebieten nicht ausgeschlossen werden kann. Unter bestimmten Bedingungen „hätte das Störungssystem im Scheidtertal eine maßgeblich hydraulische Relevanz und könnte in der jetzigen oder der späteren Phase des Grubenwasseranstieges Wasser aus dem Karbon in das dortige wichtige Wassergewinnungsgebiet führen“, so Prof. Wagner in Kapitel 7, Seite 26. Diese Beeinflussung, die er selbst zwischen „vernachlässigbar“ bis „beachtenswert“ einstuft, hätte erhebliche Auswirkungen auf die Wasserversorger. Prof. Dr. Wagner schließt eine Verunreinigung des Trinkwassers also nicht gänzlich aus.

Forderung: Die Durchführung der Phase I muss jederzeit reversibel sein. Es reicht nicht aus, den Wasserstand zu halten, sondern er muss auch wieder mindestens auf das ursprüngliche Niveau abgesenkt werden, sollten durch den Anstieg des Grubenwassers erhebliche Auswirkungen auf eines der Schutzgüter oder unvorhergesehene Vorkommnisse eintreten. Hierfür sind ausreichende Pumpenkapazitäten als Reserve vorzuhalten.

1.4.  Der Hochdruckdamm zwischen Bergwerk Warndt und Bergwerk Saar erfährt nach gutachterlicher Angabe derzeit die höchste Beanspruchung durch den Grubenwasseranstieg im Warndt. Den Planfeststellungsunterlagen sind keine näheren Angaben bezüglich der Belastbarkeit des Hochdruckdammes zu entnehmen.

Forderung: Es muss dargelegt werden, ob ein Gegendruck zur Entlastung des Dammes durch Grubenwasseranstieg erforderlich wird, wie sich dies in der Zeitachse auf die kalkulierte Lebensdauer auswirkt und wie weit ein ansteigen lassen des Grubenwassers unter diesen Gesichtspunkten akzeptabel wäre.

 

2. Untersuchungsbereich

Der festgesetzte Untersuchungsbereich deckt nicht alle Flächen ab, unter denen der Bergbau umgegangen ist (Bsp. Bereiche Schiffweiler und Illingen). Da sich der hydrostatische Wasserdruck auch über die Abbaugebiete hinaus auswirken wird, sollten nach der Forderung im Scoping - Termin alle Flächen in das Untersuchungsgebiet mit einbezogen und eine UVP durchgeführt werden, in denen bergbaubedingte Bodenbewegungen stattgefunden haben. Der jetzige Untersuchungsbereich ist unzureichend und deckt nicht alle potentiellen Schadensgebiete ab. Diese Forderung wurde nicht erfüllt.

Forderung: Der Betrachtungsraum des Verfahrens ist aus Gründen der anzunehmenden Bodenbewegung somit so weit zu wählen, dass der gesamte Wasserabsenkungstrichter durch den Bergbau im Bereich Bergwerk Saar einbezogen wird. Die Abgrenzung hat parzellenscharf auf einer Katasterkarte zu erfolgen und es ist sicherzustellen, dass keine Fläche, auf der jemals Grubenschäden aufgetreten sind, außerhalb des Untersuchungsraumes liegt.

 

3. Zusätzliche Untersuchungen Natura 2000, Flora & Fauna

3.1.  In den betroffenen Gewässersystemen sind eigens für diese Planungen zusätzliche Untersuchungen von Flora und Fauna erforderlich. Die Betrachtung der Gewässerabfolge Klinkenbach bis Blies kann sich nicht nur darauf beschränken, dass „die unnatürlich hohe Wasserführung durch das abgeführte Grubenwasser“ zurückgeführt und dies als positiv verbucht wird. Sie muss sich damit analytisch auseinandersetzen, dass das Gewässersystem durch den Bergbau vorabgeschädigt wurde bzw. wird, indem die Wasserzuführung durch Quellen aufgrund des Bergbaus stark reduziert wurde. Die Summe der bisher abgepumpten Grubenwässer im Bereich Reden bis Duhamel entspricht de facto dem in dieser Region fehlenden Wassers in den Bächen. Als Beispiel sei der Klinkenbach genannt, der in den Sommermonaten trockenfallen kann.

  • Welche Auswirkungen hat dies auf die betroffenen aquatischen Arten und Lebensräume?
  • Wie verhalten sich die im Sediment gebundenen Schadstoffe bei einer Austrocknung des Gewässers?
  • Sind diese Sedimente geeignet, den Organismen ein Überdauern der Trockenphase zu ermöglichen?
  • Welche Auswirkungen sind für die Schutzgüter zu erwarten?

Die theoretische Betrachtung aus Daten die aus Untersuchungen zur WRRL vorliegen, reicht nicht aus. Die Daten zur Saar, die im Beweissicherungsverfahren zum Saarausbau durch die BfG erhoben wurden, sind nicht berücksichtigt worden. Die aktuelle Datenlage deckt die betroffenen Gewässerstrecken nicht genügend ab. Im Zusammenhang mit Natura 2000 wurden die Daten aus dem Naturschutzgroßvorhaben LIK Nord nicht berücksichtigt.

3.2.  Aufgrund der Beeinträchtigung des Sinnerbaches durch die Jahrzehnte und immer noch andauernde Einleitung von Grubenwasser wurde eine Barriere erstellt, die einer Population des Edelkrebses im Fahrbach (Nebenbach des Sinnerbaches) das Überleben ermöglichte. Fällt diese Barriere weg, wird die Edelkrebspopulation durch aufsteigende Signalkrebse gefährdet.

Forderung: Zur Klärung der vorerwähnten Punkte müssen die Beobachtungsintervalle erheblich verkürzt und die Anzahl der Messpunkte erweitert werden. Für den Standort Reden, der ohnehin als Reservestandort für eine Grubenwasserhebung erhalten werden soll, ist eine Hebung von Grubenwasser in einer für den Klinkenbach / Sinnerbach adäquaten Wassermenge in aufbereiteter Form als Dauereinrichtung zu belassen.

 

4. Bodenbewegungen und Bodenvernässung

Aussagen, in welchen Bereichen bergbaubedingte Absenkungen stattgefunden haben, fehlen in den Unterlagen. Lt. Gutachten von Prof. Dr. Wagner sind durch den Anstieg Bodenhebungen bis 10 cm zu erwarten, in deren Folge Schäden an Bausubstanz und Infrastruktur nicht auszuschließen sind. Erfahrungen aus Nordrhein-Westfalen zeigen jedoch, dass die Hebungen deutlich größer ausfallen können, bis ca. 5% der vorher durch den Abbau eingetretenen Senkungen. Weiter wird angegeben, dass aus früherem Abbau erhebliche Resthohlraumvolumina bestehen. Diese können größere Nachsenkungen verursachen, da mit zunehmender Durchfeuchtung die Gleitfähigkeit von Gebirgsschichten erhöht wird. Daraus folgt, dass deutlich größere Bodenbewegungen zu erwarten sind. In den Unterlagen der RAG finden sich nur unzureichende Abschätzungen hinsichtlich des Senkungspotentials und des damit verbundenen Schadensrisikos. Dazu werden lt. Gutachten Erschütterungen eintreten.

Die Umweltverbände sehen in den Bodenbewegungen eine Gefahr für Schutzgüter im Bereich Kultur und sonstige, ins besonders Infrastruktureinrichtungen (Beispiel: Problem des teilweise bereits erfolgten Rückbaus flexibler Gashausanschlüsse in der Nachbergbauzeit).

Forderung: Die durch Bodenbewegungen hervorgerufenen Schäden sind unbefristet als anerkannte Bergschäden zu beheben. Die Beweislast liegt bei der RAG AG bzw. ihrer Rechtsnachfolger. Bodenbewegungen (Hebungen, Senkungen usw.) sind auf der Grundlage des amtlichen „Bodenbearbeitungskatasters“ zu berechnen. Eine Vorabbegutachtung zum augenblicklichen Zustand, wie vom Vorstandsvorsitzendemder RAG AG, Herrn Bernd Tönjes, öffentlich kommuniziert (z.B. SR vom 27.12.2017) wird als unrealistisch abgelehnt. Bausubstanz und Infrastruktur von ca. 600.000 betroffenen Bürgern und einer Vielzahl von Ver- und Entsorgern können nicht vorab begutachtet werden, zumal bisher noch nicht alle bergbaulichen Schäden abgeklungen sind. Den potenziellen Bergbaugeschädigten sind zudem die daraus resultierenden Gutachterkosten nicht zumutbar.

 

5. Anmerkung zu weitergehenden Auswirkungen auf Oberflächen­gewässer

5.1.   Der Aspekt, der in ihrer Schüttung reduzierten Quellen wurde im Zusammenhang mit dem Wegfall des Wasserabsenkungstrichters nicht behandelt. Die Verhältnisse des neuen Grundwasserspiegels zu möglichen Talvernässungen zu den ehemaligen Quellhorizonten wurden nicht beleuchtet.

Forderung: Die Aspekte Quellen, Grundwasserhorizonte und Talvernässungen sind in einer SUP aufzuarbeiten.

5.2    Durch den Anstieg des Grubenwassers sollen die Einleitstellen auf eine reduziert werden (Duhamel). Zur Wasserhaltung auf dem neuen Niveau auf -320 m NN wird eine Wasserförderung von ca. 400 l/s am Standort Duhamel erforderlich. Diese hohe Pumpleistung führt dazu, dass zahlreiche Quellen zur Speisung kleiner Bäche im Saarkohlenwald (beispielsweise des Klinkenbach und Köllerbach als ehemalige Vorfluter) versiegen, da Einflüsse auf das obere Grundwasser mit seinen Quellaustritten nicht ausgeschlossen werden können. Dies kann zu langfristigen Auswirkungen der Gewässernetze im Anschluss führen; ein Trockenfallen des Klinkenbachs beispielsweise in den Sommermonaten kann die Folge sein. Somit kann durch den Wegfall der Einleitung des Grubenwassers an den besagten Standorten nach Durchführung der Phase I (Anstieg auf -320 m NN) nicht von der Wiederherstellung eines natürlichen Zustandes der Fließgewässer gesprochen werden.

Forderung: Die Umweltverbände fordern eine permanente Bereitstellung von Grubenwasser nach voriger Reinigung für alle betroffenen Fließgewässer (neben Klinkenbach und Sinnerbach über Reden auch am Köllerbach über Victoria und Fischbach über Camphausen (unabhängig von der Saarwasserüberleitung für das Kraftwerk Weiher)).

 

6. Ausgasungen

Lt. Gutachten Prof. Dr. Wagner sind aufgrund des Wasseranstieges und damit verbundenem steigenden Druck diffuse Ausgasungen von Methan und Radon zu erwarten, die durch den Wasseranstieg unkontrolliert durch Klüfte nach oben gelangen. Hierdurch können neue Austrittstellen entstehen, bei denen auch hohe Radon-Konzentrationen möglich sind. Gerade in Gebäuden ohne Bodenplatte können hierdurch Bewohner und Eigentum gefährdet werden.

Forderung: Die Umweltverbände fordern ein langfristiges Monitoring von Methan und Radon - einige Jahre über den Zeitraum des Grubenwasseranstieges hinaus - inklusive einer Festschreibung geeigneter Maßnahmen.

 

7. Trinkwasser

Lt. Gutachten Prof. Dr. Wagner ist eine Gefährdung des Grundwassers nicht gänzlich auszuschließen. Der Grundwasserspiegel kann ansteigen, als Folge können Vernässungen auftreten, obwohl mehrere hundert Meter Gebirge zwischen Grubenwasser und Grundwasser liegen. (Siehe auch Einzelforderungen, Punkt 1.3.)

Forderung: Zitiert man Umweltminister Reinhold Jost (wenn Gefahr für Trinkwasser - keine Genehmigung), muss zumindest sichergestellt sein, dass die RAG AG als Verursacher einer Trinkwasserverschmutzung die Mehrkosten für die Reinigung des Trinkwassers oder einer alternativen Trinkwasserversorgung trägt. Dies ist in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag mit der Landesregierung festzuschreiben. Eine ökonomische Analyse ist in einer SUP vorab durchzuführen.

 

8. Stoffeintrag

8.1    Es gibt keine genauen Angaben der stofflichen Zusammensetzung im Grubenwasser selbst, sondern nur als Messwerte in dem jeweiligen Vorfluter nach Vermischung. Desgleichen betrifft dies die genauen Temperaturen des Grubenwassers. Bei hohen Temperaturen kann beispielsweise der Salzgehalt weitaus höher sein. Bekannt ist auch, dass aufgrund der Gesteinsverwitterung das Grubenwasser extrem sauerstoffarm ist, und die gelösten chemischen Bestandteile in reduzierter Form vorliegen. Auch hier wurde in den vergangenen Jahren versäumt, aus dem Grubenwasseranstieg im Warndt geeignete Daten zu erheben.

Hinsichtlich des Grubenwasserverlaufes durch die verschiedenen Grubengebäude werden unterschiedliche Höhenniveaus durchflossen. Auf diesem Weg werden vom Grubenwasser in unterschiedlichem Maße Stoffe aufgenommen, die chemischen Grundparameter (z.B. Sauerstoffsättigung) bzw. die Temperatur geändert. Eine auf Erfahrung beruhende Gesamtprognose zu den chemisch/physikalischen Grundparametern fehlt in der Beurteilung.

Forderung: Die Umweltverbände fordern eine Untersuchung und permanente Überwachung des gesamten Stoffspektrums des einzuleitenden Wassers sowie eigene speziell auf die Saar bezogene Untersuchungen zur stofflichen Zusammensetzung und Belastbarkeit der Saar.

8.2    Aus der Zeit des aktiven Bergbaus liegt eine Einlagerungsgenehmigung für leicht radioaktive Abfälle aus Krankenhäusern vor. Ob und wenn ja in welchem Umfang dies genutzt wurde, fehlt als Ausführungen in dem Gutachten. Unter Tage verbleiben neben genehmigten Abfallstrecken zahlreiche Maschinen (z. B. Hydraulik-Stempel) sowie deren Betriebsstoffe. In den Unterlagen sind beispielsweise keine Angaben über die mögliche Menge an unter Tage verbliebenen Hydraulikölen (Betriebsstoffe) gemacht worden. Durch Korrosion werden die Stoffe im Laufe der Zeit freigesetzt und beeinträchtigen die Wasserqualität.

Forderung: Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens müssen seitens der RAG Aussagen über eine möglicherweise erfolgte Einlagerung von radioaktiven Stoffen und die Menge an unter Tage verbliebenen Maschinen und Betriebsstoffen getroffen werden.

8.3    Ein Ziel zur Durchführung der Phase I ist auch, die belasteten Grubenwässer dorthin zu transportieren, wo eine größtmögliche Vermengung mit dem Vorfluter (Saar) stattfinden kann, um bei der Einleitung der Wässer mehr Spielraum zur Erreichung der maximal zulässigen Grenzwerte zu haben. Hierfür wurden bzw. werden beispielsweise in NRW weitläufige Kanäle errichtet, um das dortige Grubenwasser direkt in den Rhein einzuleiten. Dieses Prinzip, das mit der Direkteinleitung von Grubenwasser aus Reden (bisher via Klinkenbach-Sinnerbach-Blies in die Saar) jetzt unterirdisch via Duhamel in die Saar, von der RAG gleichfalls verfolgt wird, ändert nichts an der Gesamtbilanz der Stoffeinträge in das deutsche Gewässersystem und damit auch via Mosel – Rhein in die Nordsee. Der Aspekt Meeresschutz wurde nicht behandelt. Das Prinzip der „Verdünnung“ durch Einleitung in das größtmögliche Gewässer als Vorfluter wird durch die Umweltverbände nicht mitgetragen.

Forderung: Das Grubenwasser muss durch die RAG an der Quelle des Ausritts einer stofflichen Behandlung unterzogen werden.

8.4 Die Sauerstoffversorgung ist für die Saar insbesondere in den Sommermonaten ab Mai ein Problem. Die Einleitung von Grubenwasser erhöht den Chemischen Sauerstoffbedarf (CSB) im Gewässer, was für die Situation in der Saar nicht akzeptabel ist.

Forderung: So wie bereits im Planfeststellungsbeschluss zum Saarausbau festgelegt wurde, dass die Nebengewässer insoweit abwassertechnisch zu reinigen sind, dass es in der Saar nicht zu Sauerstoffdefiziten kommt, ist auch das Grubenwasser als zusätzliche Belastung wie ein "Nebengewässer" anzusehen, und dafür zu sorgen, dass keine CSB-Sauerstoffdefizite auftreten.

8.5 Darüber hinaus ist die Einleitung von warmen Wasser ökologisch bedenklich. Die Einleitung von Grubenwasser ist rechtlich wie eine thermische Einleitung aus einem Betrieb zu behandeln. Temperaturen um 28 °C führen bei Fischen bereits zu Beeinträchtigungen im Verhalten (z.B. Orientierungsprobleme).

Forderung: Die Umweltverbände fordern, dass ohne Aufstellung eines Wärmelastplanes für die Saar keine weiteren thermischen Belastungen zugelassen werden.

8.6 Gemäß Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) darf sich der Ist-Zustand der Gewässer nicht verschlechtern. Da der Grenzwert der Leitfähigkeit in der Saar bei 1000 µS/cm liegt, wird dieser wohl eingehalten werden können. Der in der Modellrechnung vollzogene Anstieg ist nicht nachvollziehbar, da er nicht auf einer Salzmengenberechnung über die abgepumpten Grubenwassermengen beruht, sondern auf Konzentrationsdaten im Vorfluter nach Verdünnung. Die im Gutachten aufgeführten Leitfähigkeitserhöhungen implizieren bei dem in Duhamel gehobenem Grubenwasser eine erhöhte Leitfähigkeit und somit eine erhöhte Salzfracht. Damit bekommt die Saar quasi die gleichen hohen Werte wie die Mosel mit Salzbergbau, der Rhein dagegen hat nur die halbe Salzfracht. Kritisch wird die hohe Konzentration von Eisen und den chemischen Umwandlungsprodukten aus den Sulfaten gesehen. Sollte sich die Gewässergüte durch die Einleitung verschlechtern, wäre eine Verletzung des Verschlechterungsgebotes erfüllt, weil die Rahmenbedingungen der ohnehin als „schlecht“ bewerteten Saar für eine Verbesserung zusätzlich belastet werden. Die Einstufung der Saar als HMWB-Gewässer ändert daran nichts.

PCB (Polychlorierte Biphenyle) ist zwar nur schwer wasserlöslich, kann aber an "Schwebepartikel" wie z.B. Mineralneubildung anhaften und so nach oben gelangen (siehe Gutachten Prof. Dr. Wagner). Im Maßnahmenprogramm des 2. Bewirtschaftungszyklus der WRRL wird für Sinnerbach und Saar (auch Fischbach, Köllerbach, Rossel) Überschreitungen der Umweltqualitätsnorm (UQN) für PCB festgestellt.

Forderung: Die Umweltverbände fordern eine Behandlung des Grubenwassers vor der Einleitung in die Vorflut (zumindest eine Abkühlung, Sauerstoffbehandlung bis zum vollständigen CSB-Abbau, Enteisenung und PCB-Elimination mit geeigneten Verfahren). Zudem muss das Grubenwasser durch einen externen Gutachter vor der Behandlung in Form einer Messwertkette ein Jahr lang untersucht und mit dem Grubenwasser im Warndt als Referenz verglichen werden.

In Anbetracht der vorstehend beschriebenen Einwände und Begründungen lehnen die anerkannten Umweltverbände BUND Saar, NABU Saarland und Saarwaldverein den Planfeststellungsantrag in vorliegender Form und Konzeption ab.