"Wenn am Wahnbach die Himmelsziege meckert"

Zum Bericht der Saarbrücker Zeitung vom 24.11.2020, Saarlandseite, Region B3

Die Bekassine (im Volksmund auch Himmelsziege genannt) ist kein Wasservogel, sondern ein Schnepfenvogel, deren Verwandtschaft bei uns die Waldschnepfe und die Zwergschnepfe sind.

Der Name Bekassine ist abgeleitet von dem französischem Name Bécasse, der übersetzt „kleine Waldschnepfe“ bedeutet, aber nicht zutreffend ist, da die Art nicht in Wäldern vorkommt! 2013 wurde die Bekassine vom NABU und LBV zum Vogel des Jahres gewählt. Die mitteleuropäischen Populationen sind durch massive Bestandsrückgänge bedroht. Der Bestand ist in Deutschland unter 6.000 Brutreviere abgesunken. In Baden Württemberg wurden nur noch 20 Brutpaare nachgewiesen, im Saarland ist die Art ausgestorben.

Es können nur noch rastende Bekassinen im Herbst und Frühling an Standorten wie Beeder Bruch oder Ökosee Dillingen beobachtet werden. Meckernde Himmelsziegen können im Noswendeler Bruch nicht mehr gehört werden, da sie dort schon einige Jahrzehnte lang ausgestorben sind. Am Wahnbach meckern sie ebenfalls nicht mehr. Auch die früheren Vorkommen von Braunkelchen und Wiesenpieper sind im Noswendeler Bruch erloschen. Beide Arten stehen im Saarland kurz vor dem Aussterben.

Nach der Rückkehr aus südlichen Überwinterungsgebieten balzen die männlichen Bekassinen im Brutrevier. Bekassinen-Männchen gelten als echte Flugakrobaten. Bei der Balz steigen sie im Zickzackkurs steil auf, kippen dann zur Seite ab und stürzen schräg nach unten in die Tiefe. Bei diesem Sturzflug spreizen sie die äußersten Schwanzfedern ab, so dass die Luft durch die Federn gleitet und ein merkwürdiges meckerndes Fluggeräusch entsteht: das sogenannte Wummern.

Als Brutgebiete brauchen die Bekassinen Moore, überflutete Wiesen oder offene nasse Übergangsbereiche an Seen. Mit ihren langen Schnäbeln stochern sie im feuchten Untergrund nach Nahrung. Der Noswendeler Bruch wurde auch zum Schutz dieser ehemals im nördlichen Saarland so typischen Wiesenvogelarten ausgewiesen. Jahrhundertelange extensive Nutzung der Nasswiesen durch Heu und Streunutzung hatten zur Ausmagerung dieser Naturareale beigetragen und somit war Lebensraum für viele seltene Arten geschaffen worden. Durch Aufgabe der Nutzung wurde dieser Prozess umgekehrt. Nährstoffreiche Biomassen reichern sich in Nasswiesen immer mehr an und führen zusammen mit dem Stickstoffeintrag aus der Luft zum beschleunigten Zuwachsen und Verbuschungen breiten sich rasch aus. Die Flächenpflege durch Mähen und Entfernung der Biomasse ist aufwendig und teuer.

Seit 2013, als die Bekassine Vogel des Jahres war, wurde versucht durch ein geplantes Beweidungsprojekt mit Rindern die ursprünglichen offenen Lebensräume für Bekassinen auf Teilflächen des Schutzgebietes wiederherzustellen. Dieses Vorhaben ist bis jetzt jedoch an massiven Widerständen, unter absurden Begründungen der Anwohner vor Ort, gescheitert und die Umsetzung verhindert worden.

Die Wanderer der "Traumschleife am Himmels Gääs Paad" (übersetzt. Himmelsziegenpfad), der unter dieser Bezeichnung touristisch beworben und hoch gelobt wird, werden lange Zeit keine Himmelsgeissen mehr meckern hören.

Beim Flug in den Süden geraten die Bekassinen vor die Schrotflinten der französischen „Schnepfenjäger“ und enden als kulinarischer Leckerbissen in Kochtöpfen. Diese Form der Jagd wird in Frankreich als traditionelle Kulturform begründet. Somit werden in der gleichen EU in europäischen Vogelschutzgebieten die Himmelsziegen mit hohem Aufwand geschützt und beim Wegziehen wieder abgeschossen. Hier hat die EU beim Artenschutz total versagt!

Für Rückfragen: Karl Rudi Reiter, stellvertr. Landesvorsitzender NABU Landesverband Saarland, Mobil: 0171 4940442