Landesplanung zurück ins Umweltministerium

Kommunale Bauleitplanung bezüglich Natur- und Artenschutz gefordert

Lebach – Der Naturschutzbund (NABU) im Saarland wertet die gestrige Äußerung von Vertretern der saarländischen Landesregierung in den Medien als Versuch, die Versäumnisse in Sachen Landesentwicklungsplan über zwei Legislaturperioden hinweg vor dem Hintergrund der bevorstehenden Landtagswahl schönzureden. Seit der Auftaktveranstaltung des saarländischen Ministeriums für Inneres, Bauen und Sport im Jahr 2014 war der NABU in keine weitere öffentliche Verfahrensrunde mehr eingebunden", so die NABU-Landesvorsitzende Dr. Julia Michely. "Gleichzeitig müssen wir feststellen, dass in den letzten Monaten nach einer längeren rückläufigen Phase von den Gemeinden wieder verstärkt großflächige Baugebiete von bis zu 100 Hektar Größe im Endausbau projektiert werden. Wir befürchten, dass hier Fakten geschaffen werden, bevor entsprechende Leitplanken in Sachen Flächenverbrauch seitens der neuen Bundesregierung und der EU greifen werden. Insofern soll offensichtlich das von uns seit zwei Jahren verstärkt kommunizierte Thema des Flächenverbrauchs im Land erneut weiter in die Zukunft verschoben werden, denn der Leitsatz eines sparsamen Umgangs mit Grund und Boden und diesbezügliche siedlungsplanerische Ziele und Grundsätze finden sich bereits seit Jahren im Baugesetzbuch bzw. im derzeit gültigen Landesentwicklungsplan Siedlung. So deuteten zumindest die bisherigen Signale aus dem Landesbauministerium sowie die reale Planungstätigkeit der Kommunen eher auf deren Aufweichung als auf eine konsequentere Umsetzung hin."

Der NABU fordert seit zehn Jahren, dass die Landesplanung wieder komplett ins Umweltministerium zurückkehrt, weil das aktuelle Modell einer Zuständigkeit zweier Ministerien, nämlich Inneres, Bauen und Sport (Bouillon) sowie Umwelt und Verbraucherschutz (Jost) offenkundig gescheitert ist. Im Hinblick auf die saarländischen Gemeinden bemängeln wir die bisweilen Jahrzehnte alten Flächennutzungspläne im Land, die den Herausfordungen der heutigen Zeit nicht mehr gerecht werden. Teilweise will man offensichtlich durch ein beharrliches Aufschieben auch die Verpflichtung umgehen, aktuelle Landschaftspläne erstellen zu müssen, welche die Naturschutzfachplanung auf Gemeindeebene darstellen. Ohne eine solche ist eine nachhaltige Siedlungsplanung und -entwicklung unter Beachtung der Belange von Natur und Landschaft allerdings nicht möglich.

Ein weiterer Dorn im Auge ist dem NABU § 47 Abs. 2 Nr. 2 des Saarländischen Naturschutzgesetzes, welcher die Aufgaben der unteren Naturschutzbehörden in wesentlichen Teilen auf die unteren Bauaufsichtsbehörden überträgt. Diese sind dafür allerdings weder personell, fachlich noch finanziell ausgestattet. "Wir plädieren in diesem konkreten Fall für eine ersatzlose Streichung dieser Bestimmung durch die kommende Landesregierung", so die NABU-Landesvorsitzende. "Zukünftig dürfen nach Ansicht des NABU nur noch das Ministerium für Umwelt und Verbaucherschutz und dessen Fachbehörde, das Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz (LUA), und das mit hinreichenden Personalressourcen ausgerüstet, im Sinne einer klaren Zuständigkeit die maßgeblichen Naturschutzbehörden im Land sein."

"Als am problematischsten sehen wir angesichts langjähriger Erfahrungen jedoch an, dass die Gemeinden nicht selten ihren Ausgleichsverpflichtungen im Rahmen der Bauleitplanung teilweise gar nicht oder nur unzureichend nachkommen, darunter auch ein Leuchtturmprojekt der Kreisstadt St. Wendel, für welche der amtierende Innenminister Klaus Boullion 32 Jahre lang als Verwaltungschef verantwortlich zeichnete", erklärt NABU-Landesgeschäftsstellenleiter Wendelin Schmitt. "Hier muss eine zukünftige Landesregierung nachvollziehbar sicherstellen, dass öffentliche Mittel für Industrie-, Gewerbe-, Tourismus- und Wohnsiedlungsprojekte in den Kommunen nur noch freigegeben bzw. mit der vertraglichen Zusage verknüpft werden, dass auch die langfristigen naturschutzfachlichen Kompensationsverpflichtungen nachweislich erbracht werden."

Als "Chefsache" titulierte Bouillon damals den Wendelinuspark-Golfplatz und lehnte vor mittlerweile 20 Jahren ein gemeinsames Modellprojekt "Nachhaltiger Golfplatz" mit dem NABU ab. Seit nunmehr anderthalb Jahrzehnten fordern Kreisgruppe und NABU-Landesverband daher wenigstens von der Kreisstadt St. Wendel die rechtlich verbindliche Umsetzung oder als Planungsträgerin zumindest die Durchsetzung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz der französischen Garnison, der einst landesweite Bedeutung für den saarländischen Natur- und Artenschutz besaß, heute ein 160-Hektar-Golfplatzareal.

"Wir messen die Politik nicht an den Worten kurz vor einer Landtagswahl, sondern an den Taten während der laufenden Legislaturperiode. Insofern sehen wir die Situation in Bezug auf den Wendelinuspark-Golfplatz stellvertretend für die Ernsthaftigkeit an, mit der nicht nur das Ministerium Bouillon, sondern die Landesregierung insgesamt im Hinblick auf Naturschutzbelange und Ressourcenschonung agiert", so Schmitt abschließend.


Für Rückfragen:

Dr. Julia Michely, Landesvorsitzende, mobil 0176 20476764
E-Mail: julia.michelyNABU-saar.de

Wendelin Schmitt, Geschäftsstellenleiter, Tel. 06881 93619-14
E-Mail: wendelin.schmittNABU-saar.de