Kompetenzstelle für Vogelschutz im Saarland

Nach Auflösung der Vogelschutzwarte Hessen, an deren Finanzierung auch das Saarland beteiligt war, besteht in vielerlei Hinsicht Bedarf für eine Ersatzeinrichtung, die die dringenden Aufgaben im Vogelschutz zeitnah übernehmen kann, um diese Lücke zu füllen.

Bei einem Großteil der Aufgaben, die die neue Einrichtung übernehmen soll, handelt es sich um Pflichtaufgaben, auf die das Land und der NABU nicht verzichten können. Für die Erfüllung dieser Aufgaben braucht es langjährige Erfahrung und spezielles Fachwissen, wie beim NABU und OBS (Ornithologischer Beobachterring Saar) vorhanden. Die „Kompetenzstelle für Vogelschutz im Saarland“ soll nun einen Teil der Aufgaben der ehemaligen Vogelschutzwarte Hessen übernehmen. Das Projekt wird vom NABU Saarland und dem OBS gemeinsam durchgeführt und durch das Ministerium für Umwelt, Klima, Mobilität, Agrar und Verbraucherschutz finanziert. Hierfür steht ein Budget von rund 78.000 Euro zur Verfügung. Im Pilotjahr 2022 werden drei Bereiche des Vogelschutzes übernommen: der wissenschaftliche Vogelschutz, der praktische Vogelschutz und das Zugvogelmonitoring an der Beringungsstation „Mittleres Saartal“.

Praktischer Vogelschutz

Der NABU Saarland koordiniert das Projekt und übernimmt den Teil des praktischen Vogelschutzes. Ein intensiver Austausch und die Abstimmung der gemeinsamen Aufgaben steht für die Projektpartner hier an erster Stelle. „Auch nach außen hin wollen wir auf den Vogelschutz aufmerksam machen, die Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärungsarbeit zu verschiedenen Themen des Vogelschutzes sind nun Teil der Kompetenzstelle. Wir bekommen beim NABU viele Anfragen zum Thema Vogelschutz, auch von Privatpersonen, daher gehört zum Teil des praktischen Vogelschutzes auch eine Beratungstätigkeit. Die Erarbeitung von Artenschutzmaßnahmen und Konzepten zum Beispiel für Gebäudebrüter und deren Vorstellung in den öffentlichen Medien und auf Veranstaltungen ist ein essentieller Bestandteil für die Öffentlichkeitsarbeit und gehört zu den neuen Aufgaben der Kompetenzstelle“, sagt Dr. Julia Michely vom NABU Saarland.

Wissenschaftlicher Vogelschutz

Innerhalb der Kompetenzstelle intensiviert der OBS die landeskundliche Forschung auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Vogelkunde, die zugleich der Förderung des Vogelschutzes sowie der Unterstützung in Fragen des Naturschutzes im Saarland dient. So wird in unterschiedlichen Monitoringprojekten mithilfe standardisierter Methoden die Bestandsentwicklung von seltenen, aber auch von "noch" häufigeren Brutvogelarten überwacht, um daraus eine belastbare Grundlage für Rückschlüsse auf die Entwicklungen in den jeweiligen Vogellebensräumen zu erhalten. Als lokale Organisation des Dachverbandes Deutscher Avifaunisten (DDA) fließen die Ergebnisse des OBS zudem in bundes- bzw. europaweite Forschungs- und Entwicklungsvorhaben ein. Wesentliche Schwerpunkte sind neben der landesweiten Sammlung und Aufbereitung vogelkundlicher Daten auch die regelmäßige Bewertung und Stellungnahme zu aktuellen Themen, bei denen der Vogelfauna eine besondere Relevanz als Umweltindikator zukommt. Dazu zählen etwa die Erstellung einer „Rote Liste“, die Datenbereitstellung für EU?Meldepflichten in Natura 2000-Schutzgebieten oder Übersichten zur aktuellen Entwicklung von Neozoen oder Koloniebrütern.

Zugvogelmonitoring an der NABU?Beringungsstation „Mittleres Saartal“

Seit 2008 betreibt der NABU Saarland die Vogelberingungsstation „Mittleres Saartal“ in Saarlouis-Lisdorf. Im sogenannten IKEA-Biotop, einem fünf Hektar großen Feuchtgebiet, das als Ausgleichsfläche zum Gewerbekomplex entstanden ist, werden jedes Jahr über 10.000 Vögel zur wissenschaftlichen Untersuchung gefangen, beringt, vermessen und wieder frei gelassen. Ziel ist die kontinuierliche Bestandserhebung, um Veränderungen und potenzielle Gefährdungen zu erkennen, z.B. im Zuge des Klimawandels. Insbesondere zum Herbstzug dient das Biotop einer Vielzahl von Zugvögeln als wichtiger Trittstein auf dem Weg in die Winterquartiere, darunter sind auch europaweit bedrohte und seltene Arten.

„Die Arbeit, die aktuell von einem kleinen ehrenamtlichen Team durchgeführt wird, saisonal durch Freiwillige aus ganz Deutschland verstärkt, ist beeindruckend. Für die Kenntnis um den Bestand der Arten im Saarland und deren Veränderungen, etwa durch klimatische Gegebenheiten, ist dieses Engagement unverzichtbar. So konnte bspw. 2019 im Feuchtgebiet der Saaraue nach längerer Trockenheit zum ersten Mal der Flussregenpfeifer nachgewiesen werden. Durch den Einsatz der Ornithologen ist dieser Fund erst nachweisbar geworden. Wir unterstützen daher gerne die Arbeit der Kompetenzstelle Vogelschutz und des NABU Saarland“, erklärt Umweltministerin Petra Berg.

Im Rahmen der Kompetenzstelle für Vogelschutz im Saarland ist eine Professionalisierung der wissenschaftlichen Arbeit vorgesehen. Ziel ist eine hauptamtliche Koordination und Betreuung der freiwilligen Beringungshelfer*innen aus ganz Deutschland. Das Team der Beringungsstation sucht aktuell noch Interessierte – mit und ohne Erfahrungen in der Vogelberingung – für den Zeitraum von 21.07.-31.10.2022.

 

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