Keine Panik vor Fledermäusen – Tollwütige Fledermäuse sind selten!

Fachliche Informationen zum SR-Bericht vom 22.07.2023/17:46 Uhr

Abendsegler im Portrait

Wer die seltenen Tiere bei sich am Haus hat, braucht bei der richtigen Verhaltensweise keine Angst vor der Fledermaustollwut zu haben.

Die Wahrscheinlichkeit, sich als Mensch mit Tollwut durch Fledermäuse zu infizieren, ist geringer als ein Sechser im Lotto. Menschen werden von erkrankten Tieren nicht aktiv angegriffen, sondern gebissen, wenn sie die Tiere aufnehmen und ihnen helfen wollen.

„Tollwütige Fledermaus beißt Kind“ oder „Bissige Fledermaus lauerte auf dem Balkon“: Mit solchen Schlagzeilen werden zwar menschliche Urängste bedient, sie haben aber kaum etwas mit der Realität zu tun. Allerdings gibt es durchaus „wütende“ Fledermäuse und es haben sich auch schon Menschen mit Fledermaus-Tollwutviren infiziert. Menschen werden von erkrankten Tieren nicht aktiv angegriffen, sondern vielmehr gebissen, wenn sie die Tiere aufnehmen und ihnen helfen wollen.

Die Fledermaus-Tollwutviren unterscheiden sich deutlich von denen anderer Tiere, etwa der Füchse. Während die auch auf weitere Hundeartige übertragbare Fuchstollwut in Deutschland offiziell seit 2008 als ausgerottet gilt – einzelne Ausnahmen betrafen bisher immer illegal importierte Hunde –, kommen bei unseren Fledermäusen drei verschiedene Tollwutviren vor. Betroffen sind nur einige der 25 Arten, darunter vor allem die Breitflügelfledermaus, aber auch Abendsegler, Braunes Langohr, Zwergfledermaus, Teich- und Wasserfledermaus sowie die Fransenfledermaus. Eines der drei Viren, das Bokeloh Bat Lyssavirus (BBLV), wurde erst 2009 bei einer Fransenfledermaus im niedersächsischen Wunstorf-Bokeloh (Region Hannover) entdeckt.

Deutliches Nord-Süd-Gefälle

Laut dem für Tierkrankheiten zuständigen Friedrich-Löffler-Institut (FLI) wurden in den letzten 30 Jahren deutschlandweit bei gut 200 Tieren Fledermaustollwut festgestellt. Dabei gibt es ein deutliches Nord-Süd-Gefälle. Rund 90 Prozent der Nachweise stammen aus der norddeutschen Tiefebene, also von Schleswig-Holstein und Niedersachen bis Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Brandenburg.

Wissenschaftler*innen gehen davon aus, dass bei den isoliert lebenden Fledermäusen ein eigener Tollwutzyklus abläuft, wobei es allerdings noch große Wissenslücken zum Ablauf und der Verbreitung der Erkrankung gibt. Erkrankte Tiere zeigen im späten Stadium der Infektion Verhaltensstörungen. Sie wirken apathisch, Zutraulichkeit wechselt mit plötzlichen Beißattacken.

Die Tollwut wird ausschließlich über Speichel auf Hautwunden übertragen. Von Kot geht keine Gefahr aus. Ohne direkten Kontakt zu den Tieren sind auch Hausbesitzer*innen mit einem Fledermausquartier zum Beispiel im Dachstuhl keiner erhöhten Gefahr ausgesetzt. Solange man die Tiere nicht anfasst, werden selbst tollwütige Fledermäuse Menschen nicht angreifen.

Wichtigste Schutzmaßnahme: ein dicker Handschuh

Wichtigste Schutzmaßnahme ist daher, Fledermäuse nur mit dicken (Leder-)Handschuhen anzufassen. Das gilt besonders bei Tieren, die tagsüber im Freien gefunden werden, die flugunfähig sind oder auffälliges Verhalten zeigen. Wer häufigen Kontakt hat, zum Beispiel als Fledermausforscher*innen oder -schützer*innen, sollte sich vorbeugend gegen Tollwut impfen lassen. Die modernen Impfstoffe gelten als gut verträglich und schützen zuverlässig. Kommt es doch einmal zu einem Biss, muss das Tier nicht gleich tollwütig sein, es kann auch aus Angst zubeißen. Dennoch gilt: Die Bisswunde sollte sofort gründlich mit Wasser und Seife gereinigt werden. Dann ist unverzüglich ein Arzt aufzusuchen, so dass eine postexpositionelle Impfung, also eine Impfung nach erfolgtem Biss, rechtzeitig erfolgen kann. Wie die Fuchstollwut ist die Fledermaustollwut eine ohne Behandlung für den Menschen tödlich verlaufende Krankheit.

Bei gefundenen Fledermäusen – ob tot oder lebendig – sollte man den nächsten erreichbaren Experten*in beziehungsweise das Veterinäramt informieren oder beim NABU um Rat fragen. Vielfach sind die Tiere nur geschwächt oder verletzt und können nach fachkundiger Hilfe wieder in die Freiheit entlassen werden. Tote Tiere werden über die Veterinärämter zentral an das Friedrich-Löffler-Institut weitergeleitet, wo sie auf eine vermutete Tollwutinfektion untersucht werden.