Kahlschlag im Konzertwald Göttelborn

Gemeindeversagen beim Schutz von Umwelt und Bergbaukultur

Rodung eines Waldstückes - Bagger auf der Fläche

Lebach Der Naturschutzbund (NABU) im Saarland verurteilt die flächenhaften Fällarbeiten im Konzertwald Ende Februar im Quierschieder Ortsteil Göttelborn scharf. Ein wesentlicher Anteil des älteren Baumbestandes sollte als bergbaukulturelles Erbe der Grube Göttelborn gemäß den Festsetzungen des gleichnamigen Bebauungsplans erhalten bleiben. Dies sollte zur Wahrung des Waldcharakters der letzten verbliebenen größeren Teilfläche des Konzertwaldes dienen, in dem früher zu festlichen Anlässen die Bergmannskapellen spielten.

"Leider ist die Gemeindeverwaltung nach unserem Hinweis auf die erste der beiden samstäglichen Fällaktionen nicht eingeschritten, wo noch zahlreiche Bäume hätten gerettet werden können", so die NABU-Landesvorsitzende Dr. Julia Michely. "Stattdessen wurde das Gelände nur einen Tag später vollends dem Erdboden gleichgemacht. Auch unserem Wunsch nach einem Ortstermin mit den Gemeindeverantwortlichen zur Klärung der Angelegenheit wurde leider nicht entsprochen, sondern an die IndustrieKultur Saar GmbH (IKS) als Verkäuferin des Grundstücks und den ortsansässigen Investor selbst verwiesen. Der Vollzug der bauleitplanerischen Festsetzungen und damit auch des Schutzes des Konzertwaldes liegt jedoch zweifellos in der Verantwortlichkeit der Gemeinde Quierschied, die somit nach wie vor unsere Adressatin ist."

Allerdings erreichte den NABU im Nachgang ein Brief des Quierschieder Bürgermeisters Lutz Maurer (parteilos), in welchem die Vorgänge als von der Gemeindeverwaltung ausdrücklich gewünscht, mit dem Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz (LUA) abgestimmt und sich als "im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben" bewegend dargestellt wurden. Der investierende Unternehmer, dessen "Umgang mit dem Baumbestand angemessen sei", habe das Grundstück erworben und werde "das lange Zeit brachliegende Gelände einer hochwertigen Nutzung zuführen". In diesem Zusammenhang habe dieser sich dazu verpflichtet, "Ausgleichsmaßnahmen im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß durchzuführen". Eine Rechtmäßigkeit der weit über die Baugrenzen des Bebauungsplans hinausgehenden Fällarbeiten ist nach aktuellen Recherchen des NABU nachweislich unzutreffend. Zumindest sind im LUA auf Nachfrage keine konkreten diesbezüglichen Vorgänge bekannt. Derart umfängliche Rodungsmaßnahmen wären bestenfalls auf der Grundlage eines geänderten Bebauungsplans zulässig. Eine solche Änderung kann allerdings nicht ohne eine Öffentlichkeitsbeteiligung und entsprechenden Beschluss des Gemeinderats erfolgen.

Doch in diesem Zusammenhang tauchen gleich weitere Fragen auf. Möchte der Investor auch entgegen der festgesetzten Baugrenzen im Bebauungsplan auf größerer Fläche bauen, wofür die umfangreichen Baufeldfreistellungen sprechen, kann er unmöglich bereits über eine Baugenehmigung verfügen, die erst auf der Grundlage einer Bebauungsplanänderung erteilt werden könnte. Die Notwendigkeit einer solchen Bebauungsplanänderung wird vom Bürgermeister in dessen Schreiben auch eingeräumt. Ist aber die Genehmigungslage hinsichtlich des geplanten Bauvorhabens grundsätzlich nach wie vor offen, entbehren diese dann vorsorglichen Fällarbeiten nach unserer Einschätzung erst recht einer juristischen Grundlage.

"Landläufig bezeichnet man ein solches Vorgehen unter Umgehung demokratischer Bürgerbeteiligungsrechte der Bauleitplanung als 'Gutsherrenart'", kritisiert NABU-Geschäftsstellenleiter Wendelin Schmitt den Vorfall, der mehrfach vor Ort die skandalösen Vorgänge dokumentiert hat. Nach Ansicht des NABU ist dieser äußerst unsensible Umgang mit dem teilweise Jahrzehnte alten Baumbestand und zugleich bergbaukulturellen Erbe Göttelborns ein Fall für die Kommunalaufsicht. Der NABU fordert an dieser Stelle neben einer rückhaltlosen Aufklärung der Vorkommnisse ein konkretes Konzept, wie die Schäden am Baumbestand kompensiert werden sollen. Gleichzeitig spricht er sich nachdrücklich für eine Beibehaltung der bestehenden Bebauungsplanfestsetzungen zum Schutz des Konzertwaldes aus, zumindest aber gegen eine flächenmäßig umfänglichere Bebauung, als sie bisher zulässig war.