Bebauungsplan "Missionshaus St. Wendel und östliche Missionshausstraße"

Stellungnahme des NABU (Naturschutzbund Deutschland), Landesverband Saarland e. V.

AUFSTELLUNG DES BEBAUUNGSPLANES „MISSIONSHAUS SANKT WENDEL UND ÖSTLICHE MISSIONSHAUSSTRASSE“ MIT PARALLELER TEILÄNDERUNG DES FLÄCHENNUTZUNGSPLANES

  • Frühzeitige Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange gem. § 4 Abs. 1 BauGB
  • Abstimmung mit den Nachbargemeinden gem. § 2 Abs. 2 BauGB

Der NABU hat die Vorstellung und Diskussion des Planungsvorhabens in der Stadtratssitzung vom 21.03.024 mitverfolgt und auch die Informationsveranstaltung am 20.04.2024 in der Aula des ehemaligen Arnold-Janssen-Gymnasiums besucht. Wir hätten es allerdings nach den anfänglichen Informationsdefiziten für angebracht empfunden, wenn die Stadt als Planungsträgerin selbst angesichts dieses wichtigen Themas für die Stadtentwicklung eine Informationsveranstaltung für seine Bürger*innen organisiert und deren Bürgermeister diese persönlich moderiert hätte.

Darüber hinaus haben wir uns anlässlich eines Ortstermins am 13.04.2024 einen aktuellen Überblick über die Planungsfläche verschafft. Der Verfasser dieser Stellungnahme ist gebürtiger St. Wendeler Kernstädter und kennt das Missionshaus von Kindesbeinen an.

Notwendigkeit einer Weiterentwicklung des Missionshaus-Areals unbestritten

Dass die bisherige Einrichtung „Missionshaus St. Wendel“ der Steyler Missionare als Gebäudeensemble, das mittlerweile in Teilen unter Denkmalschutz steht, weiterentwickelt werden muss, um eine wirtschaftliche Zukunft zu haben, ist auch in unseren Augen unbestritten. Dass in diesem Zusammenhang Visionen entstehen sowie Finanzierungsmöglichkeiten und Investor*innen gesucht werden liegt ebenfalls in der Natur der Sache.

NABU spricht sich für kleiner dimensionierte Planungsvariante aus

Der NABU lehnt die Planung allerdings in der aktuell dimensionierten Form ab, da sie in erheblichem Maße zum Flächenverbrauch beiträgt, indem sie dem Grundsatz „Innen- vor Außenentwicklung“ widerspricht, die Rodung von rund vier Hektar Wald bzw. durchgewachsenen Hecken/Streuobstbeständen (möglicherweise in Teilen gesetzlich geschützt) mit sich bringt, zur weiteren Zersiedlung führt, Schutzgebiete in Anspruch nimmt, Lebensräume von Tieren und Pflanzen zerstört sowie eine klimaschädliche, autozentrierte Mobilität befördert. Dies geschieht zudem, ohne dass die zwingende Erforderlichkeit der Planung von rund 80.000 Quadratmetern neu zu bebauender Fläche auf der Grundlage einer aktuellen und zeitgemäßen Flächennutzungs-, geschweige denn Wohnsiedlungsentwicklungsplanung, nachvollziehbar belegt ist.

Wohnsiedlungsentwicklungkonzept für das gesamte Stadtgebiet

Wir sehen insbesondere in Bezug auf die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum hier nicht den richtigen Ansatz, weil diese Frage grundlegend und konzeptionell für das gesamte Stadtgebiet beantwortet werden muss. Hierzu gibt es bereits bestehende landesplanerische Vorgaben und hier insbesondere den bereits angesprochenen Leitsatz „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“.

Der neue Landesentwicklungsplan, der möglicherweise noch in diesem Jahr verabschiedet wird, sieht in diesem Zusammenhang sogar die verpflichtende Erstellung von gemeindeweiten Wohnsiedlungsentwicklungskonzepten vor, die regelmäßig fortzuschreiben sind. Die Etablierung neuer größerer Wohngebiete muss künftig unbedingt nach einer objektiven Wohnbedarfsplanung erfolgen und nicht anhand von Investorenprojekten.

Der erste Schritt zu einer wirksamen Innenentwicklung wäre ein öffentlich einsehbares Leerstands- und Baulückenkataster. Erst danach wäre über eine etwaige Ausweitung der Bebauungsgrenzen nachzudenken, wobei bereits weitere in der Diskussion befindliche Wohngebietsplanungen wie der Sportplatz Alsfassen oder der Lanzenberg zwingend mit zu berücksichtigen sind. Ohne die bisher fehlenden, objektiven Planungsgrundlagen ist eine stichhalte Begründung für eine Etablierung von weiteren Wohnsiedlungsprojekten unseres Erachtens nicht rechtssicher zu führen.

Die Stadt muss hier als Planungsträgerin ihrer Verantwortung zur Daseinsvorsorge auch gegenüber weiteren Belangen, etwa denjenigen von Natur und Landschaft bzw. der Begrenzung des Flächenverbrauchs als einer der wichtigsten Herausforderungen unserer Zeit, gerecht werden. Das kann sie aber nur, wenn sie ein plausibles und belastbares Gesamtkonzept hat. Zurzeit fehlen jedoch sowohl ein Wohnsiedlungseinwicklungskonzept als auch die landschaftsplanerischen Grundlagen.

Gerade für eine Kommune im Rang einer Kreisstadt mit einer definitionsgemäß (Landesplanung) erhöhten Wohnsiedlungstätigkeit sehen wir das als unabdingbar an. Nicht zuletzt war diesen Punkt betreffend in der Stadtratssitzung auch von der Notwendigkeit einer Ausnahmegenehmigung durch die Landesplanungsbehörde die Rede. Solche Ausnahmegenehmigungen können und dürfen jedoch nicht regelmäßig eine Antwort auf fehlende oder zumindest unzureichende Grundlagenplanungen sein.

Flächennutzungsplan in seiner Gesamtheit grundlegend überarbeiten

Der Flächennutzungsplan der Kreisstadt St. Wendel stammt aus dem Jahr 1984 und wurde seitdem (seit 40 Jahren!) nicht mehr grundlegend unter obligatorischer Beteiligung der Öffentlichkeit überarbeitet bzw. den Herausforderungen der Zeit (Klimawandel, Hochwasserrisiken, Biodiversitätskrise, demographischer Wandel etc.) angepasst. Es erfolgte lediglich 2010 eine Neubekanntmachung der zahlreichen Änderungen im Parallelverfahren. Die vorliegende Planung reiht sich damit als weiteres Parallelverfahren in die 40-jährige St. Wendeler Tradition ein.

Das sind für eine deutsche Kreisstadt eher schlechte Voraussetzungen im Hinblick auf eine zukunftsorientierte und damit nachhaltige Weiterentwicklung, zumal damit bisher auch eine an die Flächennutzungsplanung gekoppelte Landschaftsplanung nicht erfolgt ist. Das für eine Planungsflexibilität zwischen den grundlegenden Überarbeitungen vorgesehene Parallelverfahren wird damit in unseren Augen missbräuchlich, weil seit nunmehr vier Jahrzehnten praktisch ausschließlich angewandt. Die jüngst gestartete Überarbeitung des St. Wendeler Flächennutzungsplans erfolgt hingegen vordringlich wegen der zwingenden Bundesvorgaben zur Ausweisung von Windenergieflächen. In diesem Zusammenhang ist dringend zu empfehlen, den Plan nicht nur im Hinblick auf regenerative Energien zu überarbeiten, sondern schlichtweg in seiner Gesamtheit.

Landschaftsschutzgebiet unangetastet lassen

Wir sprechen uns, auch wenn der Verlauf der betreffenden Grenze noch nicht endgültig geklärt ist, gegen jegliche Beanspruchung bzw. Ausgliederung von Teilflächen aus dem nördlich angrenzenden Landschaftsschutzgebiet aus. In den Diskussionen um Schutzgebiete werden wünschenswerte Pufferzonen, die Störeinflüsse auf Natur und Landschaft durch angrenzende Nutzungen minimieren können, von planerischer Seite leider oft erst gar nicht mehr diskutiert.

Vorstellungen des NABU von einem zukünftigen Missionshaus-Areal

Der NABU spricht sich für eine maßvolle flächenmäßige Weiterentwicklung des Missionshausgeländes aus, welches als Grundlage die heutige Dimensionierung im Sinne des Sondergebiets „Missionshaus mit Missionseinrichtungen“ im aktuellen Flächennutzungsplan umfasst, ergänzt durch die bereits vorgesehene Anpassung/Verlängerung des Südflügels des als seinerzeit als Taube konzipierten Grundrisses der Gebäude. Eine Entwicklung weiterer bebaubarer Flächen sollte weitestgehend innerhalb dieser beiden Flügel erfolgen, zumindest jedoch nicht über bisher bestehende außerhalb der Flügel liegende Bau- bzw. ohnehin schon existierende Aufschüttungsflächen hinausreichen. Weiterhin sprechen wir uns dafür aus, lieber eine geringere Anzahl an Nutzungen anzustreben, diese dafür jedoch konsequenter und umfänglicher am Standort zu entwickeln (Schwerpunktsetzung).

Eine in der Landschaft möglichst unauffällige Tiefgarage anstelle des bestehenden Parkplatzes westlich vor der Kirche ist für uns vorstellbar, wir geben jedoch zu bedenken, dass der möglicherweise dort ab einer bestimmten Tiefe felsige Untergrund erhöhte Anforderungen an das Anlegen einer Baugrube stellt, was sich maßgeblich auf die Errichtungskosten auswirken kann.

Sonderbaufläche für Glamping-Nutzung verzichtbar

Eine Sonderbaufläche zur Realisierung von „Wald-Tiny-Häusern“ halten wir am Standort Missionshaus für absolut verzichtbar und sprechen uns gegen eine Realisierung aus. In Bezug auf den Landkreis St. Wendel sind ähnliche Glamping-Einrichtungen bereits in der Gemeinde Tholey am Schaumberg und auch in der Gemeinde Nohfelden am Bostalsee geplant mit einer eher noch attraktiveren Umgebung.

Wohnbau- und gemischte Bauflächen außerhalb des Missionshaus-Ensembles kritisch zu sehen

Wie eingangs bereits thematisiert, sehen wir die Entwicklung neuer Wohnbauflächen, aber auch von gemischten Bauflächen, die neben Wohnanteilen wesentliche gewerbliche Ansiedlungselemente enthalten (können) und eher für Siedlungskerne typisch sind, außerhalb des bisherigen Gebäudeensembles kritisch. Derartige Entscheidungen, die letztlich der Entwicklung eines neuen Stadtteils mit einem entsprechenden Landschaftsverbrauch gleichkommen, sollte der Stadtrat nicht auf der Grundlage eines Investorenprojekts treffen.

Nachhaltigkeit bedeutet nämlich nicht nur eine Eingrünung („Green Living“) von Gebäuden aus ressourcenschonenden Baumaterialien, sondern insbesondere Flächensparsamkeit und effiziente Flächennutzung – und zwar auch unter Landschaftsschutz-Gesichtspunkten an dem besten für eine solche Nutzung geeigneten Standort. Dazu bedarf es in unseren Augen nach 40 Jahren Stillstand in der St. Wendeler Flächennutzungsplanung zunächst einer grundlegenden Aktualisierung und damit öffentlichen Diskussion (Öffentlichkeitsbeteiligung) auf der Grundlage einer Fortschreibung und Anpassung des gesamten Flächennutzungsplans der Kreisstadt St. Wendel an die Herausforderungen der heutigen Zeit.

Zum Bebauungsplan

Naturschutzfachlicher Untersuchungsrahmen mit leichten Ergänzungen

Da wir uns in der frühzeitigen Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange (Scoping-Verfahren) befinden, betrachten wir zunächst die vorgesehenen bzw. möglicherweise bereits angelaufenen naturschutzfachlichen Untersuchungen, die anschließend in den Umweltbericht als Grundlage der Umweltprüfung münden.

Die Ansätze zur Untersuchung von Avifauna, Fledermäusen, Herpetofauna und Xylobionten deckt die wichtigsten Artengruppen bereits ab. Ergänzend sollten auch Aussagen zu einem möglichen Vorkommen der Haselmaus erfolgen. Die im Geltungsbereich möglicherweise vorkommenden FFH-Lebensraumtypen werden, wie dem Begründungsentwurf zu entnehmen ist, ebenfalls bereits untersucht.

Im Hinblick auf die Avifauna bzw. Gebäudebrüter ist dem NABU bekannt, dass im Kirchenschiff über den Gewölben in den 80er Jahren über eine damalige ABM-Maßnahme ein Schleiereulen-Nistkasten montiert wurde, der über die Jahre auch mehrfach von Mitgliedern der NABU-AG Eulen instandgesetzt wurde. Zudem existierte immer in einer der Dachgauben des Turms ein (allerdings schwer über eine freischwebende Holzleiter erreichbarer) Turmfalkenkasten. Über den aktuellen Zustand dieser beiden Nistkästen ist uns jedoch nichts bekannt. Beide Arten haben zumindest in der Vergangenheit dort gebrütet, die Schleiereule auch außerhalb des Kastens als „Naturbrut“ in einer Betonnische. Es ist somit auch heute nicht auszuschließen, dass die Schleiereule zusätzlich umliegende Gebäude, sofern diese für die Tiere entsprechend zugänglich sind, zumindest als Tagesquartier nutzt.

Gesetzlich geschützte Biotope im Geltungsbereich

Am südlichen Rand des Geltungsbereichs befindet sich das Martinstälchen („Quellbach des Wendelsborns“), das als gesetzlich geschütztes Biotop GB-6509-0194-2015 im Schutzgebietskataster des Geoportals Saar erfasst ist. Das Tälchen weist erhebliche Störungen in Form von Vermüllung, Bauschuttablagerungen und damit einhergehend ein starkes Eindringen des Japanischen Rohrknöterichs (invasive Art) auf. Teilweise sind ehemalige Verrohrungen freigespült, die entfernt werden sollten.

Das ehemalige Schwimmbecken aus Beton ist eine ernstzunehmende Falle für Kleintiere und sollte nach unserem Dafürhalten als richtige Kompensation vollständig zurückgebaut werden. Insofern ergeben sich hier zahlreiche Ansätze im Hinblick auf eine Renaturierung und Aufwertung des Bachtälchens, die einen Teil der naturschutzfachlichen Kompensation darstellen könnten. Dies ist auch im Begründungsentwurf zum Bebauungsplan teilweise schon ins Auge gefasst und sollte sich in den endgültigen Festsetzungen einschließlich etwaig erforderlicher dauerhafter Pflegemaßnahmen konkret wiederfinden.

Überprüfung der Offenlandflächen auf Streuobstwiesenbiotope

Seit März 2022 stellen Streuobstwiesen gemäß § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 BNatSchG bundesweit gesetzlich geschützte Biotope dar. Mittlerweile existieren auch Kriterien und erste Gerichtsurteile zur Definition derartiger Biotope. Die Offenlandflächen im Geltungsbereich enthalten teilweise ältere, wenngleich durchgewachsene Obstbestände und auch größere, bereits vor einigen Jahren neu gegründete Nußbaumbestände. Vorliegend wäre somit ergänzend zu prüfen, ob und inwieweit möglicherweise auch bei diesen genannten Beständen gesetzlich geschützte Biotope vorliegen oder ausgeschlossen werden können. Dabei ist auch das Biotoppotenzial der neu gegründeten Baumpflanzungen, welches diese in den kommenden Jahrzehnten entwickeln werden, zu berücksichtigen.

Grundwasserdargebot im Martinstal für die Allgemeinheit sichern

Vor dem Hintergrund des Klimawandels und den damit verbundenen, in der Zukunft wahrscheinlich knapper werdenden Ressourcen an Trink- und Brauchwasser, sprechen wir uns für eine nachhaltige Sicherung des Grundwasser-Tiefbrunnens im Martinstal aus, mit dem weiterhin Wasserrechte in relevanten Größenordnungen verbunden sind (Förderung von 15.388 Kubikmeter Trinkwasser aus der Martinsquelle im Jahr 1996). Das Wasser hat ausweislich chemisch-biologischer Untersuchungen Trinkwasserqualität (vgl. Schmit, P./Prawdzik, W.: Suche nach Wasser für Wendelinushof und Missionshaus, in: 100 Jahre Missionshaus St. Wendel 1898 bis 1998, Band 2, Seite 64 bis 90). Diese Ressource sollte unbedingt als zusätzliche Versorgungsoption für die Zukunft erhalten bleiben.

Eine Erhaltung der dortigen Grundwasserqualität beinhaltet auch die Sicherung des Umfeldes vor einer Beeinträchtigung der Deckschichten (50-Tage-Linie analog zu Wasserschutzzone II). Der Brunnen sollte nach unserem Dafürhalten in die öffentliche Hand übergehen anstatt möglicherweise an zukünftige, private Investoren veräußert zu werden.

Wesentlicher Klärungsbedarf bei der Altlastenverdachtsfläche

Zur im südöstlichen Bereich des Planentwurfs verorteten Altlastenverdachtsfläche WND_6970 liegen gemäß Altlastenkataster offenbar keine näheren Angaben zu möglicherweise vorkommenden umweltgefährdenden Stoffen vor (vgl. Begründung zum Bebauungsplan, S. 18). Im Gelände selbst erscheint der Bereich als eine größere, mehr oder weniger ebene Aufschüttungsfläche. Ob es sich um eine abgedeckte Altablagerung handelt oder lediglich kontaminierte Erdmassen eingebaut wurden, entzieht sich unserer Kenntnis.

Schon im Hinblick auf den Grundwasserschutz im Zusammenhang mit der zuvor erwähnten Tiefbrunnenbohrung „Martinsquelle“ hätte hier nach unserer Einschätzung schon vor Jahrzehnten eine Klärung erfolgen müssen. Denn die möglicherweise kontaminierte Fläche befindet sich im oberen Bereich des Martinstals, so dass das Oberflächenwasser topographiebedingt zwangsläufig in Richtung Brunnen, aber auch gesetzlich geschütztes Biotop fließt.

In diesem Zusammenhang drängt sich zwangsläufig die Frage auf, ob die oben genannten chemisch-biologischen Untersuchungen zur Trinkwasserqualität lediglich Standardparameter umfassten oder seinerzeit auch auf Umweltschadstoffe beprobt wurde. Letzteres erscheint fraglich, wenn das Altlastenkataster bisher keine Anhaltspunkte zur Art der Substanzen liefert. Insofern halten wir nicht nur im Falle einer vorgesehenen, unmittelbaren Bebauung, sondern grundsätzlich eine belastbare Risikoeinschätzung bezüglich der Altlastenverdachtsfläche auf der Grundlage umweltanalytischer Untersuchungen für erforderlich, um Gefahren für die Umwelt und insbesondere das Grundwasser auszuschließen.

Aussagen zur Wärmeplanung ergänzen

Im Zuge der Wärmewende ist im Hinblick auf die kommenden Jahre auch zu entscheiden, ob die Wärmeversorgung der neuen Einrichtungen über ein Nahwärmenetz zur Verfügung gestellt werden bzw. grundsätzlich eine solche Möglichkeit im Rahmen der ohnehin neu zu konzipierenden Ver- und Entsorgungsinfrastruktur vorgesehen werden soll. Aussagen und etwaige Festsetzungen zur Wärmeplanung fehlen bisher und sollten in der weiteren Planung ergänzt werden.

Klimaresiliente Bepflanzung ohne Nadelholz

Pflanzmaßnahmen im Rahmen der Planung müssen mit klimaresilienten Gehölzen erfolgen, um insbesondere in den südexponierten Lagen in der Zukunft Bestand haben zu können. Hierauf ist bei den Festsetzungen möglicher Pflanzlisten zu achten. Insofern ist der während der öffentlichen Veranstaltungen gezeigte Animationsfilm mit seinem hohen Nadelbaumanteil vergleichsweise irreführend. Auch die zukünftigen umliegenden Wälder werden stark zurückgehende Nadelwaldanteile haben, weil insbesondere die häufig in Monokultur gepflanzte Fichte im Zuge des Klimawandels und des damit einhergehenden Borkenkäferbefalls zunehmend ausfallen wird.

Städtebaulicher Vertrag existenziell für den Erfolg des Vorhabens

Wir können der Stadt angesichts der Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte und auch aus anderen saarländischen Kommunen nur raten, einen städtebaulichen Vertrag zwischen den betroffenen Beteiligten zu schließen, und zwar nicht nur, um die gewünschten baulichen Ziele und Ergebnisse zu erreichen, sondern auch um die festgesetzten Kompensationsmaßnahmen eindeutig hinsichtlich der Zuständigkeiten zu regeln und zu finanzieren. Denn angrenzendes Wohnbauland lässt sich notfalls auch alleine ohne Missionshaus entwickeln und vermarkten.

Nicht selten ergeben sich erfahrungsgemäß später Vollzugsdefizite insbesondere bei der Umsetzung der naturschutzfachlichen Kompensationsmaßnahmen. Bestes Beispiel hierfür ist der Wendelinuspark-Golfplatz, einst als Leuchtturmprojekt des früheren St. Wendeler Bürgermeisters Klaus Bouillon gefeiert, aber seit zwei Jahrzehnten ohne nennenswert durchgeführte Ausgleichsmaßnahmen, und das obwohl „für Deutschlands schönsten Golfplatz“ seinerzeit ein großer zusammenhängender Biotopkomplex von landesweiter Bedeutung für den Naturschutz geopfert wurde. Ähnliches gilt für das Gewerbegebiet „Hottenwald“ bei Bliesen, wo die Kompensationsflächen für streng geschützte, planungsrelevante Arten mangels Durchführung der verpflichtend festgesetzten Pflegeauflagen von den Tieren nicht mehr als Lebensraum genutzt werden können. Die Liste der Beispiele ließe sich problemlos weiter fortführen.

Die Frage, die sich jedoch in diesem Zusammenhang stellt ist: Warum sollte der NABU im vorliegenden Fall davon ausgehen, dass es hier ausnahmsweise besser laufen wird, insbesondere wenn die Zuständigkeiten erneut vertraglich nicht klar definiert werden sollten? Damit so etwas zukünftig nicht mehr vorkommt, plädieren wir vorliegend mit Nachdruck für eine erschöpfende Regelung nicht nur der Kompensationsmaßnahmen über einen städtebaulichen Vertrag.

Größtmögliche Flexibilität oder nur „Planungshülsen“?

In der Gesamtschau ist uns aufgefallen, dass mit Ausnahme des historischen Gebäudebestandes des bestehenden Missionshaus-Areals ansonsten im restlichen baulich überplanten Geltungsbereich relativ großzügige Urbane Gebiete und Wohngebiete mit größtmöglichen Baufenstern konzipiert sind, die man auch als „Planungshülsen“ bezeichnen könnte („Visionsplanung“). Dies ist sicher dem Umstand geschuldet, dass Projekte und Investoren erst gefunden werden müssen.

Andererseits gibt die Stadt als Planungsträger damit möglicherweise vorschnell das Heft aus der Hand, anstatt zunächst einmal nur den Flächennutzungsplan entsprechend zu ändern und später beim Bekanntwerden eines hinreichend konkreten Vorhabens den dazu erforderlichen Bebauungsplan detailliert aus diesem zu entwickeln. Umso wichtiger sehen wir auch unter diesem Aspekt einer vergleichsweise restriktionsarmen Planung die Rolle eines städtebaulichen Vertrages.

Überhaupt halten wir spätere Erweiterungen – auch des neuen Wohngebiets – selbst über den gegenwärtigen Geltungsbereich der Planung im Umfang von 26 Hektar hinaus für durchaus möglich, wenn nicht sogar wahrscheinlich, wenn der „richtige“ Investor das einfordert. Denn die aktuelle Planung ist möglicherweise nur der Einstieg in die Entwicklung eines noch größeren neuen Stadtteils, zumal ein (Flächen-)Wachstum der städtischen Außengrenzen offensichtlich ausdrücklich erwünscht ist, während landesplanerische Ziele und Grundsätze mittlerweile eher in Richtung Zurückhaltung bei neuen Baugebieten im Außenbereich zielen. Genau hier aber setzt eine konsequente, integrierte und nachhaltige Flächennutzungsplanung mit regelmäßiger Fortschreibung an, die der Kreisstadt St. Wendel bisher fehlt.

Zugleich müssen die Auswirkungen auf die Innenstadt mitbedacht werden, wenn sich möglicherweise ein komplett neuer Stadtteil mit den grundlegenden Daseinsfunktionen Wohnen, Arbeiten, Freizeit, Erholung mehr oder weniger losgelöst vom Kernstadtbereich auf dem Heiligen Berg etablieren sollte.

Weitere Einschätzungen erst nach Vorliegen der weiteren Gutachten möglich

Eine abschließende Einschätzung des Planungsvorhabens ist uns erst im Rahmen des nachfolgenden Offenlegungsverfahrens nach Vorliegen der naturschutzfachlichen Gutachten und des Umweltberichts einschließlich der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) möglich. Ähnliches gilt für das noch auszuarbeitende und in der Bürgerversammlung angesprochene Starkregengutachten.

Kontakt: Dipl.-Geogr. Wendelin Schmitt, Geschäftsstellenleiter, Tel. 06881 93619-14