Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur nachhaltigen Nutzung jagdbarer Wildarten

Gemeinsame Stellungnahme der saarländischen Umweltverbände BUND und NABU zum Entwurf eines Gesetzes zur nachhaltigen Nutzung jagdbarer Wildarten und zur Entwicklung naturnaher Wildtierlebensräume (Saarländisches Jagdgesetz – SJG)Externe Anhörung gem. § 11 Abs. 2 GOReg

Die Umweltverbände BUND und NABU sehen in dem vorgelegten Gesetzesentwurf einen Meilenstein in der Weiterentwicklung des Jagdrechts, insbesondere in Richtung einer angemessenen und zeitgemäßen Berücksichtigung der Belange des Natur- und des Tierschutzes. Die Forderungen der Verbände der gemeinsamen Erklärung vom 03.09.2010 zur Neuorientierung Jagd im Saarland wurden in hohem Maße berücksichtigt und eingearbeitet. Insofern gibt es vergleichsweise wenige Korrekturwünsche, welche nachfolgend unter Nennung der entsprechenden Paragraphen kommentiert werden.

 

Zu § 1 Abs. 1:

BUND und NABU schlagen hier die Formulierung „ … und die Wildtierlebensräume in ihrer typischen Biodiversität erhält und verbessert.“ vor.

 

Zu § 4 Abs. 1 Nr. 2:

Arten, welche im Saarland in ihrem Bestand gefährdet sind (Rote Liste) bzw. einen ungünstigen Erhaltungszustand aufweisen (FFH- und Vogelschutzrichtlinie) oder kaum vernünftig verwertet werden können (vgl. Verwertungsgebot des § 1 Abs. 3 Nr. 1), sind aus der Liste der dem Jagdrecht unterliegenden Arten zu streichen. Es handelt sich dabei um:

Wachtel (Coturnix coturnix L.)Rebhuhn (Perdix perdix L.)Saatgans(Anser fabalis Latham)Krickente (Anas crecca L.)Reiherente (Aythya fuligula L.) Graureiher (Ardea cinerea L.)Waldschnepfe (Scolopax rusticola L.)Blässhuhn (Fulica atra L.)Habicht (Accipiter gentilis L.)

Das regelmäßig von der Jagdlobbyseite angeführte Argument, bei einem Verbleib der Arten im Jagdrecht sei der Schutz wegen des Straftatbestandes der Wilderei für die betreffenden Arten höher, wird als in der Praxis kaum relevant angesehen.

Zudem sind die Jagdzeiten für die verbleibenden Wildarten auf der Grundlage der entsprechenden Rechtsverordnung derart vorzusehen, dass eine vernünftige Verwertung tatsächlich erfolgen kann, um eine Jagdausübung aus vernünftigem Grund gemäß § 1 Abs. 3 sicherzustellen.

 

Zu § 6 Abs. 6 Satz 2:

Im Hinblick auf das Thema Jagdbezirke schlagen wir folgende Ergänzung vor:

„… erst mit Ablauf des Pachtvertrages erfolgen, außer die Abrundung erfolgt im Einvernehmen zwischen den Beteiligten.“

 

Zu § 12:

Bewirtschaftungsgebiete, die vermutlich von der inhaltlich-rechtlichen Regelung mit sogenannten Rot-, Dam- oder Muffelwildgebieten identisch sind, werden vom NABU grundsätzlich abgelehnt, da diese wildbiologisch nicht haltbar sind und die Voraussetzungen für eine Bejagung außerhalb dieser Gebiete ohne Abschussplan bis hin zur Aufhebung von Schonzeiten als nicht tierschutzgerecht angesehen werden. Gerade das Rotwild im Saarland braucht entsprechende Lebensräume, die aus jagd- und forstpolitischen Erwägungen nicht willkürlich eingegrenzt werden dürfen. Die grundsätzliche Bekenntnis zum Rotwild verlangt die Bereitstellung und Akzeptanz entsprechender Lebensräume. Da in einer entsprechenden Verordnung Details geregelt werden sollen, behalten wir uns die abschließende Stellungnahme nach Vorliegen des Verordnungsentwurfes vor.

 

Zu § 21:

Wir halten es für sinnvoll, im § 21 die Begriffe der Gesellschafts-, Bewegungs-, Treib-, Beunruhigungs- und Stöberjagd nach inzwischen allgemein anerkannter Begriffsbestimmung näher zu erläutern und festzulegen:

Gesellschaftsjagden sind alle Jagden, bei denen mehr als vier Personen die Jagd als Schützen oder Schützinnen ausüben. (Da diese Definition auch in der UVV und in Verbindung mit dem Jugendjagdschein Bedeutung hat, muss sie bleiben.)

„Bewegungsjagd“ ist ein Sammelbegriff für das Jagen auf Wild, das in Bewegung gebracht wird. Dieser Begriff wird für „Treibjagd“ ebenso verwendet wie für verschiedene Formen von „Beunruhigungsjagd“.

Nur folgende Arten der Beunruhigungsjagd auf Schalenwild gelten jedoch als vertretbar:

 

Gemeinschaftsansitz

Beim Gemeinschaftsansitz werden möglichst alle jagdlichen Einrichtungen besetzt und das Schalenwild wird durch die Schützendichte (Wild ortet den Menschen geruchlich) zum Ortswechsel veranlasst. Deshalb zählt diese Jagdform zur Bewegungsjagd.

Gemeinschaftsansitz mit Anrühren des Wildes in den Einständen

Zum Anrühren des Wildes in den Dickungen gehen einzelne Beunruhiger verhältnismäßig still und langsam durch die Einstände des Wildes (ohne Hunde).

Drückjagd

Bei der Drückjagd werden keine Treiberketten eingesetzt, sondern einzelne ortskundige Beunruhiger (und im Einzelfall ausgewählte, kurz jagende Hunde) bewegen sich durch die Dickungen und Einstände des Jagens, wodurch das Wild relativ langsam auszuweichen versucht (sanfte, schalenwildtaugliche Form der Treibjagd).

Stöberjagd

Die Stöberjagd kennzeichnet sich dadurch, dass ausschließlich spurlaut und solo jagende Stöberhunde das Wild in Bewegung setzen (v. a. Dackel, Wachtel, Spaniel, speziell für Stöberjagden abgeführte und eingearbeitete Bracken sowie solo jagende Terrier). Spurlaut sind Hunde mit Brackenerbe, die bereits auf den geruchlichen Reiz der Fährte mit einem „Bellen in Kopfstimme“ reagieren.

Bei konsequenter Anwendung der tierschutzrechtlichen Grundsätze in der Erläuterung des Gesetzentwurfes müssen alle anderen Formen der Gesellschaftsjagd, insbesondere die Treibjagd mit Hundemeuten, untersagt werden.

 

Weiterhin wäre Absatz 3 wie folgt anzupassen:

„Voraussetzung für die Teilnahme an einer Gesellschaftsjagd auf Schalenwild …“

Zu § 36:

BUND und NABU fordern ein völliges Verwendungsverbot von Bleimunition (Schrot und Kugel) bei der Ausübung der Jagd, wie es in anderen europäischen Ländern wie Dänemark und in den Niederlanden bereits üblich ist. Absatz 1 Nr. 3 stellt keine Verbesserung gegenüber der alten Regelung in § 62 a DV-SJG dar.

Demgemäß ist § 36 Abs. 1 Nr. 3 folgendermaßen neu zu fassen:

„die Verwendung bleihaltiger Jagdmunition,“

Ebenso sprechen sich BUND und NABU für eine komplette Streichung von § 36 Abs. 1 Nr. 10 aus.

Hier sollte die jeweilige Jagdgesellschaft bzw. die Jagdorganisation eine den jagdfachlichen Umständen Rechnung tragende eigenverantwortliche Entscheidung treffen.

Unter § 36 Abs. 1 Nr. 11 wird vorgeschlagen, das Wort „Bewegungsjagd“ durch den Begriff „Gesellschaftsjagd“ zu ersetzen.

Im Zusammenhang mit § 36 Abs. 1 Nr. 14 wird dringend empfohlen, den Begriff „Hetzjagd“ näher zu definieren. Unser Vorschlag:

„Hetzjagd umfasst insbesondere die Gesellschaftsjagd auf Schalenwild mit hochläufigen Hunden (ab Stockmaß 60 cm), nicht spurlaut jagenden Hunden und Hundemeuten.

Im Zusammenhang mit dem geforderten totalen Verwendungsverbot jagdlicher Bleimunition wird § 36 Abs. 3 im Wesentlichen entbehrlich.

Zu § 41 Abs. 1 Nr. 7:

Da BUND und NABU den Habicht wie alle übrigen Greifvögel lieber im Naturschutzrecht sehen, fordern wir konsequenterweise die komplette Streichung von § 41 Abs. 1 Nr. 7.

Zu § 51 Abs. 2 Nr. 3 lit. e:

Der NABU bittet um korrekte Wiedergabe seines Vereinsnamens, wie er auch in der Satzung und im Vereinsregister eingetragen ist:

„des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) – Landesverband Saarland e. V. –,“

 

Zu § 59 Abs. 3:

Da BUND und NABU Bewirtschaftungsgebiete aus grundsätzlichen Erwägungen ablehnen, sehen wir auch § 59 Abs. 3 als überflüssig an.

BUND und NABU gehen selbstverständlich davon aus, dass sie umfassend zu den zahlreichen Verordnungsentwürfen im Zusammenhang mit dem neuen Landesjagdgesetz gehört werden, zumal dort die gesetzlichen Vorgaben maßgeblich konkretisiert werden. Bisher ist aus der vorliegenden Fassung nicht erkennbar, bis zu welchem Zeitpunkt die zahlreichen Rechtsverordnungen vorliegen müssen, zumal die DV-SJG unmittelbar mit dem Inkrafttreten des neuen SJG gemäß § 60 Abs. 2 Nr. 2 hinfällig werden soll. Dies wäre sinnvollerweise noch zu ergänzen.

 

Kontakt: Wendelin Schmitt, Tel. 0 68 81 / 9 36 19 - 14