Umweltverbände: Einzelhandel auf der Grünen Wiese nicht mehr zeitgemäß

Geplanter Marktstandort im Marpinger Ortsteil Urexweiler zerstört Lebensräume, Landschafts- und Ortsbild.

Wiesen und Felder

Gemeinsame Pressemitteilung der nach § 63 Abs. 2 BNatSchG staatlich anerkannten saarländischen Naturschutzvereinigungen BUND, Saarwald-Verein und NABU

Saarbrücken/Saarlouis/Lebach Die drei staatlich anerkannten saarländischen Naturschutz-Vereinigungen BUND, Saarwald-Verein und NABU sehen die jüngst bekannt gewordenen Pläne der Gemeinde Marpingen, völlig losgelöst von der Urexweiler Ortslage an der L 130 einen Netto-Einkaufsmarkt anzusiedeln, überaus kritisch.

„Hier trifft ein uralter Bebauungsplan für ein seit Jahrzehnten leerstehendes und daher nie erschlossenes Gewerbegebiet auf eine kurzfristige, für eine Einzelhandelsnutzung ursprünglich gar nicht konzipierte Notlösung. Dies geschieht, um einem einzelnen Investor gerecht werden. Sämtliche übrigen planerischen Aspekte im Sinne einer nachhaltigen Nahversorgung und Dorfentwicklung sowie des Natur- und Landschaftsschutzes wurden dabei weitgehend außer Acht gelassen. Hier hätten wir uns gewünscht, dass die erheblichen Defizite der Projektfläche in Bezug auf EU-Naturschutzrecht im Rahmen einer Bebauungsplan-Änderung aufgearbeitet worden wären. Denn so hätten sich Bevölkerung und Naturschutzverbände im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung adäquat äußern können“, so die NABU-Landesvorsitzende Dr. Julia Michely.

Ähnlich sieht es BUND-Chef Christoph Hassel: „Wir haben vorliegend einen in den Siedlungsbereich überhaupt nicht integrierten Marktstandort, der in nach EU-Recht geschütztes Grünland mit bisher nicht untersuchten planungsrelevanten Arten eingreift. Darüber hinaus existiert unmittelbar angrenzend ein Natura-2000-Schutzgebiet, dessen potenzielle Beeinträchtigungen durch das Vorhaben erst einmal über ein Fachgutachten ausgeschlossen werden müssen. Sorgt die Gemeinde nicht selbst für die Behebung dieser Mängel, liegt das Risiko einer Umweltschadenshaftung beim Investor bzw. Bauherrn. Die Gemeinde täte daher gut daran, dies über eine Bebauungsplan-Änderung auch gleich für den gesamten Geltungsbereich zu regeln, zumal wir festgestellt haben, dass der vor zwanzig Jahren manifestierte Planungsstand aufgrund EU-rechtlicher Vorgaben zumindest auf Teilflächen mit sehr hoher Lebensraumqualität nicht mehr umsetzbar sein wird. Dies führt uns bereits zu der Einschätzung, ein Gewerbegebiet an dieser Stelle unter heutigen Abwägungsgesichtspunkten gänzlich in Frage zu stellen.“

Aribert von Pock, der Landesvorsitzende des Saarwald-Vereins, ergänzt: „Die Realisierung eines Marktes an diesem Standort würde dem bisher noch harmonisch in die Landschaft eingebetteten Dorf Urexweiler durch eine irreversible Entwertung des östlichen Ortseingangsbildes dauerhaften Schaden zufügen. Dass noch in heutiger Zeit eine Nahversorgungseinrichtung nicht nur auf der Grünen Wiese, sondern zugleich im ohnehin nur noch in Resten vorhandenen, dörflichen Streuobstgürtel mehrere hundert Meter vom Ortsrand entfernt gebaut werden soll, konnten wir zunächst gar nicht glauben. Denn gerade der Landkreis St. Wendel, der in besonderem Maße auf den Tourismus setzt, braucht einladende Dörfer und eine weitgehend intakte Landschaft.“

Einig sind sich die drei Landesvorsitzenden, dass dieses Negativbeispiel im Land nicht Schule machen darf. Dies sei auch der Grund dafür, warum man dieses vordergründig lokale Thema wegen seiner landesweiten Signalwirkung als Präzedenzfall für so bedeutsam erachte. Auch könnten die zweifellos von der Gemeinde Marpingen anderenorts erworbenen besonderen Verdienste im Naturschutz eine derartige, offenbar aus kurzfristigen Erwägungen getroffene Entscheidung nicht einfach kompensieren. Insofern ergehe seitens der Verbände der eindringliche Appell an die verantwortlichen Gemeinderatsfraktionen, ihr bisheriges Votum für diesen Standort noch einmal grundlegend zu überdenken.

Für die Verbände:
Christoph Hassel, Landesvorsitzender, BUND Saarland e. V.
Aribert von Pock, Landesvorsitzender, Saarwald-Verein e. V.
Dr. Julia Michely, Landesvorsitzende, NABU (Naturschutzbund Deutschland), Landesverband Saarland e. V.

Für Rückfragen:
Wendelin Schmitt, Geschäftsstellenleiter, NABU (Naturschutzbund Deutschland), Landesverband Saarland e. V., Tel. 06881 93619-14, E-Mail wendelin.schmittNABU-saar.de