Sehr geehrte Frau Ministerin Rehlinger,
im Dezember 2020 hatten Sie den NABU zu einer Videokonferenz bezüglich einer geplanten Ansiedlung der Firma SVOLT eingeladen und uns eine frühzeitige Beteiligung zugesagt. Nun trat vor kurzem unsere NABU Ortsgruppe aus Überherrn an uns heran und bat uns um Unterstützung, da der Vertreter der NABU Ortsgruppe in ein kommunales Gremium zur SVOLT-Ansiedlung berufen wurde. Bei uns im NABU Landesverband kam bis heute kein Angebot für eine Beteiligung an.
Wir bitten Sie darum, uns folgende Fragen rund um das Thema Ansiedlung der Firma SVOLT zu beantworten:
- Wie groß ist die Fläche, die für die Ansiedlung der Batteriefabrik für SVOLT im Tal der Bist neu erschlossen werden soll und wie groß sind die im Gewerbegebiet „Lisdorfer Berg“ bereits bebauten und geplanten Gewerbeflächen?
- Das Gutachten „Landwende“ des WBGU der Bundesregierung aus 2020 fordert den Schutz landwirtschaftlicher Flächen. Warum setzt man bei SVOLT auf eine Greenfield-Erschließung, obwohl es am Standort des stillgelegten Kraftwerks Ensdorf eine vergleichbar große Fläche gibt? Welche Flächen kommen außer dem „Linslerfeld“ in Frage und welche Flächen wurden der Firma SVOLT angeboten?
- Wie wirken sich die Gewerbegebiete „Lisdorfer Berg“ und „Linslerfeld“ auf das Lokalklima des Mittleren Saartals zwischen Völklingen und Saarlouis/ Dillingen aus? Dort leiden bereits jetzt die Bewohner unter Hitzeperioden infolge des Klimawandels. Gibt es hierzu bereits Studien und Abschätzungen?
- Ist beabsichtigt, bei der Erschließung und dem Bau von Gebäuden, Parkplätzen und Straßen die Flächenversiegelung auf ein absolutes Minimum zu beschränken? Werden hierzu die neuesten Erkenntnisse der architektonischen Klimaforschung berücksichtigt?
- Der Standort „Linslerfeld“, auf dem die Batteriefabrik gebaut werden soll, liegt direkt neben dem Naturschutzgebiet Warndt, dem größten FFH-Gebiet im Saarland, und dem NSG Eulenmühle. Welche Beeinträchtigungen oder Störungen sind durch die Ansiedlung in beiden Naturschutzgebieten zu erwarten?
- Wie wirken sich die beiden Gewerbegebiete im Endausbau auf die Grundwasserneubildung der Region aus und welche zusätzlichen Wasserentnahmen sind durch die Gewerbegebiete und den Klimawandel zu erwarten?
- Das Gebiet des „Linslerfeld“ liegt in den Schutzzonen 2 und 3 des Trinkwassergewinnungsgebietes Bisttal. Warndt und Bisttal liefern grenzüberschreitend Trinkwasser in die umliegenden Gemeinden und Städte. Zum Versorgungsgebiet gehört auch Forbach. Wie groß ist die Gefahr des Schadstoffeintrags der Batteriefabrik in das Grundwasser durch den Produktionsprozess, durch Unfälle oder durch Löschschäume. Gibt es hierzu Risikostudien, wie sie jetzt von Tesla in Brandenburg vorgelegt wurden?
- Wieviel Wasser wird die Batteriefabrik SVOLT am Standort „Linslerfeld“ verbrauchen und wie ist der Wasserbedarf des Gewerbegebietes „Lisdorfer Berg“ derzeit und im Endausbau? Woher kommt das Wasser für den „Lisdorfer Berg“ derzeit und zukünftig?
- Wie hat sich die Grundwasserneubildung im Saarland und insbesondere im Wassergewinnungsgebiet Warndt/ Bisttal seit 2000 entwickelt? Welche Pegel werden beprobt, welche Messwerte liegen vor und wo können diese eingesehen werden? Gibt es Grundwasserdaten bis 1960 zurückreichend und wurden diese in die Risikoabschätzung mit einbezogen?
- Reicht das Grundwasser im Gebiet Warndt/ Bisttal aktuell und zukünftig aus, um den gewerblich-industriellen Wasserbedarf zusätzlich zur Versorgung der Gemeinden und Städte zu decken? Welche aktuellen Untersuchungen und Studien liegen dazu vor oder sind beauftragt?
- Warum verzichtet man bei der Produktion der Batterien nicht auf die Verwendung von Grundwasser und nutzt Grubenwasser, das in ausreichender Menge zur Verfügung steht?
- Soll ein eigener Brunnen gebohrt werden?
- Wie erfolgt die Entsorgung der Abfälle, inklusive Abwasser? Wer bezahlt den Aufbau der Infrastruktur dafür?
- Wird die SVOLT-Batteriefabrik angesichts der verwendeten Stoffe unter die Störfallverordnung (Umsetzung der Seveso-III-Richtlinie) fallen und welche Mindestsicherheitsabstände zu umliegenden Siedlungen werden in diesem Fall einzuhalten sein?
- Welchen Batterietyp will SVOLT auf dem „Linslerfeld“ bauen und welche Stoffe oder Stoffgruppen, die als leicht brennbar oder grundwassergefährdend eingestuft sind, kommen zum Einsatz?
- Geht die Landesregierung auch vor dem Hintergrund eines ebenfalls weiteren erheblichen Bedarfs aufgrund der geplanten Erweiterung des Industriegebietes „Lisdorfer Berg“ davon aus, ausreichende Kompensationsflächen für den naturschutzfachlichen Ausgleich sicherstellen zu können oder könnte dies der Anlass für die Einführung einer Ausgleichsabgabe im Saarland sein?
- Wenn bei anderen „Leuchtturm-Projekten“ wie dem Golfplatz St. Wendel oder der Halde in Landsweiler-Reden, um nur zwei besonders drastische Beispiele zu nennen, naturschutzfachliche Auflagen zum Nachteil streng geschützter, bedrohter Arten bisweilen nach über mehr als einem Jahrzehnt nicht umgesetzt wurden, warum sollten die Umweltverbände dann darauf vertrauen, dass dies gerade am Standort Überherrn auf der Grundlage einer wegen immensen Zeitdrucks besonders fehleranfälligen Planung konsequent und vollständig erfolgen wird?
- Wie steht es um die Nachhaltigkeit der logistischen Systeme? Wird der Versand der Produkte per Bahn erfolgen? Wie ist der Transport zwischen Heusweiler und „Linslerfeld“ mit Elektrofahrzeugen geplant? Wird die Rohstoffzulieferung per Bahn erfolgen? Ist ein Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr für die Beschäftigten (z.B. mit Brennstoffzellenbussen) geplant?
- Wie sieht die CO2-Bilanz des gesamten Bauvorhabens aus? Hierbei muss auch der Verkehr, der durch Zulieferer, Abtransport der Batterien und die Beschäftigten entsteht, betrachtet werden.
- Wie wird die Batteriefabrik ihren Stromverbrauch decken? Soll ein Kraftwerk errichtet werden (Erdgas zur Wärme- und Stromerzeugung)? Wird SVOLT verpflichtet, Photovoltaik-Anlagen auf den Dachflächen zu installieren?
- Welche Folgeprojekte – Straßen, Erschließungsanlagen, Wohnbebauung, Ansiedlung von Dienstleistern und Zulieferern – sind zu erwarten?
- Wie sollen die Anwohner informiert werden und wie soll eine demokratische Beteiligung bei der Projektentwicklung gesichert werden?
Wir würden sehr gerne einen direkten Kontakt zur Firma SVOLT aufbauen, um bereits im Vorfeld auftretende Herausforderungen konstruktiv zu bewältigen.
Für Nachfragen stehen wir selbstverständlich jederzeit gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Der NABU Landesvorstand
i.A. Dr. Julia Michely, Landesvorsitzende